12.000 Indigenas suchen drei Deutsche

Die kolumbianische Guerilla Farc hat drei deutsche GTZ-Entwicklungshelfer entführt, um die Zerstörung von Kokafeldern durch die Regierung zu verhindern. Tausende Ureinwohner helfen seit Tagen bei der Suche

BUENOS AIRES taz ■ Symbolisch bewaffnet mit Stöcken und Stäben sollen sich bis zu 12.000 Indigenas, Ureinwohner Kolumbiens, auf den Weg gemacht haben. Sie suchen die am Wochenende von der kolumbianischen Guerilla entführten Entwicklungshelfer von der deutschen Gesellschaft für technische Zusammenarbeit (GTZ). Nachdem die Entführer von den Revolutionären Streitkräften Kolumbiens (Farc) die Frist zur Freilassung der drei Deutschen verstreichen ließen, hätten die Indigena-Gemeinden den Befehl zu der Suche gegeben, berichteten kolumbianische Medien. Die Indigenas wollen erst wieder in ihre über 30 Gemeinden zurückkehren, wenn die Farc die Entwicklungshelfer freigelassen habe.

Als Bedingung für die Freilassung der drei Deutschen fordert die Farc die Einstellung der Besprühung von Kokafeldern, die als Rohstoff von Kokain eine wichtige Einnahmequelle der Guerilla sind. Um den Kokaanbau zu bekämpfen, lässt die kolumbianische Regierung die Felder von Flugzeugen aus mit hochgiftigen Pilzerregern besprühen. Die GTZ-Mitarbeiter arbeiteten in einem ländlichen Bezirk im Department Cauca in Projekten, durch die der Alternativanbau zur Kokapflanze gefördert werden soll. Sie wurden von den Guerilleros überwältigt, als sie im Auto unterwegs waren.

Auch der Gouverneur von Cauca, Floro Tunubalá, hat sich mehrfach gegen die Sprühaktionen ausgesprochen, da die Gifte gegen Koka auch traditionelle Nutzpflanzen abtöten und schädlich für die Menschen in der Region sind. Stattdessen fordert Tunubalá, die Kokapflanzen von Hand auszureißen. Die Entführung verurteilte er jedoch: „Sie gefährdet die Entwicklungshilfeprojekte der europäischen Länder“, sagte er.

Die kolumbianischen Ureinwohner geraten bei dem Konflikt zwischen Guerilla, Paramilitärs und Armee immer wieder zwischen die Fronten. Seit den Achtzigerjahren gibt es in Cauca Konflikte zwischen Farc und Indigenas. Die Indigenas beschuldigen die Guerilla, ihre Autonomierechte zu missachten. Die Farc würde beispielsweise ihre Dorfversammlungen verhindern und ihre Bewegungsfreiheit einschränken, kritisieren die Ureinwohner. Der Regionale Rat der Indigenas von Cauca (Cric) versucht seit den Achtzigerjahren, mit der Farc einen Pakt über die Respektierung von Autonomierechten zu schließen.

In einer Erklärung verurteilten die Indigenas die Entführung. „Die Entführung unserer deutschen Freunde summiert sich zu weiteren Verstößen der Farc, die unseren territorialen Raum verletzen“, heißt es in der Stellungnahme. Die Ureinwohner machen die Farc auch für die Ermordung des Indigena-Repräsentanten Cristobal Secue Ende Juni verantwortlich.

In Kolumbien leben 700.000 Ureinwohner. Sie stellen rund zwei Prozent der Gesamtbevölkerung und sprechen 64 verschiedene Sprachen. Cauca zählt zu den am stärksten von Indigenas besiedelten Regionen. In der Bergregion „Tierradentro“, wo die GTZ-Mitarbeiter entführt wurden, stellen die Indigenas 98 Prozent der Bevölkerung.

INGO MALCHER