Streit um neue Bahnpreise

Expertengruppe übt massive Kritik an künftigen Tarifen der Bahn: Teurer und komplizierter, Nutznießer sei das Auto. Bahn: Alles Unsinn, Bahnfahren wird billiger

BERLIN taz ■ Das neue Preissystem der Bahn bleibt umstritten. Es sei „das i-Tüpfelchen auf fünf Jahren Negativentwicklung“, sagte gestern Heiner Monheim, Professor für Geografie an der Universität Trier und Mitglied der Initiative „Bürgerbahn statt Börsenbahn“. Das neue Preissystem sei noch undurchschaubarer als das alte und Bahnfahren werde insgesamt teurer. Bahnchef Mehdorn wehrte sich gegen die „Falschinformationen und Missinterpretationen“ und drohte mit rechtlichen Schritten.

Vor drei Wochen hatte die Bahn ihr neues Preissystem für Herbst 2002 angekündigt: Sonderpreise sollen durch Rabatte für Frühbucher ersetzt werden, die Plätze per Kontingent vergeben werden und die Bahncard nicht mehr 50, sondern nur noch 25 Prozent Ermäßigung bringen. „Bürgerbahn statt Börsenbahn“ kritisiert, die Preisgestaltung werde undurchschaubar: Schließlich müsse die Bahn 20 Millionen Einzelpreise berechnen. „Die Bahn hat bisher keinen einzigen konkreten Fahrpreis nennen können“, sagt Winfried Wolf, Sprecher der Initiative sowie Verkehrsexperte der PDS im Bundestag. Dort will er die Bahnpreise zum Thema machen.

Teurer werde das Bahnfahren, weil 90 Prozent der Bahnkunden den Nahverkehr nutzten und die Preise hier um zirka zehn Prozent steigen. Im neuen Bahnkonzept seien „sinkende Kilometerpreise erst ab 140 Kilometer vorgesehen“. „Die Bahncard hätte bei der 50-Prozent-Ermäßigung belassen werden sollen“, meint Monheim. Außerdem werde die Bahn „in der Fläche“ weiter reduziert. Man könne die Kunden nicht zur Frühbuchung umerziehen. Um mit dem Auto konkurrieren zu können, müssten Spontanfahrer weiterhin die 50-prozentige Ermäßigung bekommen. Bahnchef Mehdorn dagegen wiederholte, Bahnfahren werde „insgesamt nicht teurer, sondern für Millionen so günstig wie nie.“ NORBERT PAGEL