Kontrollposten abgezogen

Plutonium-Diebstahl: Atomaufsicht soll Auflagen für Wiederaufbereitungsanlage Karlsruhe gelockert haben. Trittin mit Bericht des Landesministers unzufrieden

FRANKFURT/M. taz ■ In der Affäre um den Atomdiebstahl aus der Wiederaufbereitungsanlage Karlsruhe gerät das baden-württembergische Umweltministerium unter Druck. Mit ausdrücklicher Genehmigung der Atomaufsicht sind nach einem Bericht der Stuttgarter Zeitung Sicherheitsauflagen teilweise aufgehoben worden. Dies bestätigte ein Sprecher der Anlage.

Nach der Stilllegung sei Mitte der 90er-Jahre der Abzug eines Kontrollpostens im Bereich der Ausgangsschleusen beantragt und genehmigt worden. Eine „hundertprozentige Überwachung“ der Schleusen sei danach nicht mehr möglich gewesen, räumte der Sprecher ein. Ein weiterer Mitarbeiter sei auch mit anderen Aufgaben betraut und könne Monitore und Drehkreuze nicht ständig im Auge behalten.

Durch eine solche Ausgangsschleuse waren Ende vergangenen Jahres mehrfach radioaktive Materialien aus der im Rückbau befindlichen Atomanlage geschmuggelt worden. Der Kontrollposten an der Ausgangsschleuse ist inzwischen besetzt – eine „Sofortmaßnahme“ von Landesumweltminister Ulrich Müller (CDU), dessen nachgebesserter Bericht inzwischen vom Bundesumweltministerium „mit Bauchschmerzen“ akzeptiert wurde, so ein Sprecher von Minister Jürgen Trittin (Grüne).

Nach Informationen der taz sollen aus dem früheren Kernforschungszentrum Karlsruhe, das heute Forschungszentrum heißt, schon einmal radioaktive Materialien entwendet worden sein. Ein „Fremdarbeiter“ habe 1990 Entsorgungsmaterial abgezweigt, um es dem Gewerbeaufsichtsamt zur Untersuchung vorzulegen. Er habe nachweisen wollen, dass das KfZ strahlende Abfallstoffe nicht ordnungsgemäß klassifizieren und entsorgen würde. Der Vorfall sei vertuscht und der Arbeiter entlassen worden. Die Sache soll aber bei dem für morgen angekündigten bundesaufsichtlichen Gespräch mit der Atomaufsicht des Landes zur Sprache kommen.

KLAUS-PETER KLINGELSCHMITT