■ Die Kunstschwund-Story
: Vom Kunstschwund

Nun sind sie wieder da: Die Dürers, der Rembrandt und elf weitere der im Zweiten Weltkrieg verschollenen Zeichnungen aus dem Kupferstichkabinett der Bremer Kunsthalle.

Ein riesiger Presserummel begrüßte gestern die fragilen Meisterwerke, die laut Kustodin Anne Röver-Kann einen „guten Querschnitt durch die Bremer Sammlung“ darstellen. Deutsche, italienische, französische und holländische Meister aus dem 15. bis zum 19. Jahrhundert, die auch in qualitativer Hinsicht einen Querschnitt bieten. Röver-Kann: „Vier der Bilder sind nicht so sehr bedeutsam.“

Umso wichtiger ist aber Dürers Frauenbad von 1496: Als erste Zeichnung einer Szene nackter Menschen in der deutschen Renaissance hat es Kunstgeschichte geschrieben und nebenbei auch das zunehmend beliebter werdende Genre „Badewesen“ in die Kunst eingeführt. Kurz, ein Werk, das auch US-Finanzminister Paul O'Neill gerne in die Hand nahm, um es den Repräsentanten der Bremer Kunsthalle zu übergeben. O'Neill ist oberster Dienstherr der US-Zollbehörde, und die hat bei der Sicherstellung der gestohlenen Zeichnungen keine Mühen gescheut (siehe Interview).

Ebenfalls sehr engagiert zeigte sich der aserbeidschanische KGB, der die Werke bereits 1993 beschlagnahmt hatte, als sie auf dem Schwarzmarkt der Hauptstadt Baku auftauchten. Nur wurden sie dort schon bald wieder geklaut und in die USA gebracht.

Der Gesamtwert der lukrativen Beute wurde damals auf 35 Millionen Mark geschätzt. Kunsthallen-Direktor Wulf Herzogenrath: „In den letzten Jahren sind auf dem internationalen Kunstmarkt keine vergleichbaren Stücke angeboten worden.“

Die BremerInnen haben von heute bis Sonntag Gelegenheit, die geborgenen Schätze in der Kunsthalle zu besuchen. Und vom 11. September bis zum 4. November werden sie nochmals im Rahmen einer größeren Schau rund um das Thema „Entwicklung der Aktdarstellung“ ausgestellt.

Das Zustandekommen dieses Projektes war für die Beteiligten zwar kein Kunst-, aber doch ein Psychokrimi. Erst in allerletzter Minute schaffte es Carmen Emigholz, Sprecherin der Kultur-Deputation, per Eilantrag in Berlin die notwendigen Komplementärgelder zu ergattern – fast wäre noch die Hochzeitsreise von Kulturstaatsminister Julian Nida-Rümelin dazwischengekommen...

Jetzt aber stehen 200.000 Mark zur Verfügung, um es den Heimkehrern zu Hause gemütlich zu machen. HB