Haffa weg, Kurse rauf

Plötzlich war der Mann vom „Spiegel“ da: Werner E. Klatten übernimmt die Mehrheit beim angeschlagenen Rechtehändler EM.TV. Leo Kirch wird wohl nur Juniorpartner

Schade eigentlich: Auf den Auftritt von Thomas Haffa bei der für den 1. August terminierten Hauptversammlung des 1989 von ihm gegründeten Rechtehandels- und Merchandising-Hauses EM.TV hatten wir uns ziemlich gefreut. Doch gestern hat der innerhalb weniger Winterwochen vom einstigen Anleger- und Analysten-Liebling zum Börsen-Buhmann abgestürzte Vorstandschef alle EM.TV-Ämter abgegeben und den größten Teil seines Aktienpakets an Spiegel-Manager Werner E. Klatten verkauft. 100 Millionen Euro – deutlich über dem aktuellen Börsenwert von 73 Millionen Euro– soll Klatten nach Agenturberichten für seine künftige Sperrminorität von 25 Anteilsprozenten plus einer Aktie bezahlen.

Haffa bleiben so rund 16 Prozent der Firma (in der er nach EM.TV-Angaben aber weder in der Geschäftsführung noch im Aufsichtsrat fürderhin mitmischen darf) und die Genugtuung, immerhin die drückendsten Bankschulden in Höhe von rund 750 Millionen Euro durch Teilverkäufe der Formel-1-Vermarktungsfirma SLEC an die Kirch-Gruppe und andere Deals abgetragen zu haben.

Neuvorstand Klatten, der offiziell noch die Zustimmung der Spiegel-Verlagshierarchen für seinen Umstieg zu EM.TV braucht, will das Unternehmen durch weitere Verkäufe wieder flott machen – und nach erfolgreicher Konsolidierung dann wieder auf Jagd nach anderen unterbewerteten Medienunternehmen gehen, meldete Reuters.

Klatten war seit 1994 Mitglied der Geschäftsleitung beim Spiegel mit Zuständigkeit für den Bereich „Märkte und Erlöse“. Und so bescherte der „Erlöser“ dem Nachrichtenmagazin neben Ablegern wie den (mittelweile wieder eingestellten) Spiegel Special und Spiegel Reporter als Reaktion auf den Focus eine in der Redaktion umstrittene deutliche Hinwendung zu Verbraucherthemen. Im Nebenjob Geschäftsführer von „Spiegel-TV“, verfügt Klatten auch über einschlägige Erfahrungen im TV-Rechtehandel. Ab Herbst 2000 übernahm er die Leitung der Spiegel-Internett-Tochter Spiegelnet.

Nachdem die Kirch-Gruppe nicht nur weitere Zukaufsabsichten in Sachen EM.TV dementierte (siehe taz vom 25. 7.), sondern aus kartellrechtlichen Gründen wahrscheinlich nicht einmal wie beabsichtigt ihren vollen 16,1-Prozent-Anteil übernehmen kann, steht Klatten jetzt als Überraschungsvorstand an der Firmenspitze. Den Börsen gefiel zumindest, dass Haffa weg ist – die EM.TV-Aktie legte bis gestern Mittag um über 25 Prozent zu (Stand 14.00 Uhr). Und ob Kirch demnächst bei EM.TV mehr oder weniger Einfluss hat, bleibt abzuwarten. Man kennt sich jedenfalls: Von 1988 bis 1993 baute Klatten für den Münchner Medienkaufmann Sat.1 auf. STG