Für mehr Wald: Kühe von der Weide

Agrarministerin Künast stellte Gesamtwaldbericht vor. Der vereinigt erstmals nationale und internationale Daten

BERLIN taz ■ Noch sind ein Viertel der Landmassen von Wald bedeckt: Doch 0,4 Prozent davon verschwinden jährlich, werden kahlgeschlagen, brandgerodet – ein Fläche so groß wie Bayern, Baden-Württemberg und Niedersachsen zusammen. Allein das trägt jedes Jahr mehr als ein Zehntel zu den weltweiten Ausstoß an Klimagasen bei. Diese Zahlen des ersten Gesamtwaldberichts erläuterte gestern Agrarministerin Renate Künast (Grüne) in Berlin.

Das Neue an diesem Bericht ist, dass er erstmals internationale und nationale Daten zusammen betrachtet. Freigelegt werden so Einsichten, die man bislang nur aus dem Mund von Professoren oder Umweltschützern hörte. „Wer einkauft entscheidet auch, wie viel Wald es gibt“, sagt Künast. Das geht so: Wer hier Fleisch von Tieren aus Intensivhaltung kauft, kauft damit auch das Proteinfutter, dass diese Tiere erhalten. Oft besteht es aus Sojaschrot, der zu einem immer größeren Anteil aus Brasilien stammt, wo dafür Tropenwald gerodet wird. „Je ein Viertel des Sojaschrotexports gehen in die EU und die USA“, sagte Künast.

Das will sie ändern: etwa durch eine Grünlandprämie, die dazu führt, dass immer mehr Tiere auf der Weide gehalten werden – ohne Sojaschrot. Wald geht auch durch Kahlschlag für jene Möbel verloren, die hier gekauft werden. Deshalb empfiehlt Künast nach Möglichkeit Möbel aus Holz zu wählen, die das Waldgütesiegel „FSC“ tragen. Auch in Deutschland solle endlich nach FSC-Kriterien zertifiziert werden, findet Künast. Immerhin gibt es einen runden Tisch zum nachhaltigen Forsten.

Der deutsche Wald nimmt zu. Vor allem wachsen die Bäume stärker, durch Düngung und mehr Kohlendioxid in der Luft. Aber auch in der Fläche nimmt Wald durch die staatlich geförderte Aufforstung zu – um fünf Prozent in den vergangenen 40 Jahren. Trotzdem seien die Baumschäden seit Jahren gleich groß, vor allem Buchen und Eichen oft krank. Der deutsche Wald, sagte Künast, sei gefährdet durch Zerschneidung mit Straßen und Zersiedelung, die seinen Wert als Lebensraum für Tiere beschränke. Auch sei die Belastung der Waldböden durch Abgase und Überdüngung der Äcker in Deutschland besonders hoch. Letzteres ist im Visier der Ministerin. Hier kommt die Agrarwende auch dem Wald zugute: Die jüngst von Bund und Ländern beschlossenen Agrargrundsätze sehen vor, dass ab 2002 Förderung an eine Höchstzahl von zwei Großvieheinheiten pro Hektar geknüpft ist. Das begrenzt den Gülleaustrag auf ein vertägliches Maß.

Manchmal kommt die Agrarwende dem Wald in die Quere. So führt das Tiermehlverbot dazu, dass an Allesfresser wie Schweine nun wieder mehr Proteinpflanzen verfüttert werden müssen. Und damit der Import wächst. MATTHIAS URBACH