Von Beruf: Fußballfan

■ Die anstrengende Liebe der Bremer „Eastside“: Mediterranes Flair ins Bremer Stadion bringen und die Fans mitreißen / Kein Platz für rechte Parolen

Wenn am Sonnabend der Startschuss in die neue Bundesligasaison fällt, bekommt das Leben für Mike Redmann seinen Sinn zurück. 24 Stunden pro Tag lebt der Kopf der Bremer Fangruppierung „Eastside“ für seinen SV Werder und die Stimmung in der Ostkurve.

Die „Eastside“ versteht sich dabei nicht als Fanclub, sondern als Zusammenschluss engagierter Werderanhänger, die ganz besonderen Wert auf die Unterstützung ihrer Stars legen. „Nach dem Vorbild der italienischen „Ultras“ wollen wir den Stadionbesuch zum Spektakel gestalten“, erklärt Mike Redmann – mit Choreographien, riesigen Blockfahnen und neunzigminütigen Dauergesang.

Nahezu bei jedem deutschen Erst- oder Zweitligisten gibt es inzwischen sogenannte „Ultras“, die mehr oder weniger kreativ ihre Mannschaft anfeuern. Allerdings ist in jüngster Zeit die Szene in Verruf geraten, weil immer mehr rechtsextreme Fußballfans und Hooligans den Begriff „Ultras“ für sich beanspruchen. Auch bei „Eastside“ kamen immer wieder Vorwürfe auf, dass sie braune Schafe beherbergen.

„Mit braunen Radaubrüdern und Parolenschwingern wollen wir nichts zu tun haben“, behauptet Mike Redmann. Ausschließen kann er Rechte bei Eastside aber nicht – die politischen Ansichten jedes Einzelnen könne er nicht kennen, schließlich umfasst der Club rund 250 Mitglieder. „Eigentlich wollen wir überhaupt keine Politik ins Stadion bringen“, betont Redmann. Und auch der SV Werder Bremen meint: „Eastside hat uns versichert, das Weserstadion nicht als Bühne für rechtsextremes Gedankengut zu nutzen“, sagt Sprecherin Marita Hanke.

Die „Eastside“ wurde in der Saison 97/98 gegründet, um die bis dahin doch eher langweilige Stimmung in der Fankurve zu verbessern. Mit zwölf Gleichgesinnten überlegte Redmann zunächst, wie sie sich und vor allem den SV Werder in ein positiveres Licht setzen und wie sie aus norddeutscher Kühle mittels Konfettiregen und grün-weißem Feuerwerk mediterrane Begeisterung zaubern könnten. Und so fand die „Eastside“ immer mehr Zuspruch. Inzwischen lohnt sich der Besuch im Weserstadion manchmal schon wegen der Show auf den Rängen.

„Weil wir keine Gewalt provozieren und uns vernünftig verhalten, ist auch der Verein sehr kooperativ“, stellt Mike Redmann fest. Um ihre Aktionen vorzubereiten, kommen sie früher ins Stadion rein. Schließlich braucht man Organisisationszeit, wenn über tausend Zuschauer zeitgleich Pappen oder Folien in den Vereinsfarben hochhalten sollen. Auch die riesigen Blockfahnen ziehen sich nicht von alleine über die Kurve.

Für den SV Werder sei die Eastside dabei fast so was wie ein Geschenk. „Wir sind ein ehrenamtlicher Dienstleister, der dazu auch noch sein eigenes Geld mitbringt“, begründet der frenetische Werderaner seine Ansicht, schließlich werde alles aus der Clubkasse finanziert. „Nach ihrem Selbstverständnis wollen die Ultras gar keine Unterstützung von uns. Generell beteiligen wir uns gerne an gewaltfreien Aktionen unserer Fans“, stellt Hanke fest. Die Choreographien sehe der Verein zwar gerne, aber dennoch stößt sich die Pressesprecherin an dem „Eastside“-Behauptung, die Ultras seien die einzig waren Werderfans. „Wir haben schließlich noch sehr viele weitere tolle Anhänger, die uns nicht minder tatkräftig anfeuern“, meint Hanke.

Die Arbeit der Ultras beginnt nicht mit dem Anpfiff. In den Fanräumen hinter der Ostkurve werden vor den Spieltagen die nötigen Utensilien hergestellt. „Einmal pro Woche treffen sich etwa 20 Leute, um dort Fahnen zu basteln und andere Ideen auszuarbeiten“, erzählt Redmann. Seine Energie für die „Eastside“ scheint unausschöpflich zu sein. Nur für's Kicken selbst, findet Mike Redmann keine Zeit. „Die Lebenseinstellung Ultra fordert dich den ganzen Tag, da bleibt keine Zeit für andere Hobbies“, glaubt er. ff