Fischen nach dem Leitbild

Enquetekommission erarbeitet Vorschläge für ein zukunftsfähiges Berlin: Weniger Umweltverschmutzung, weniger Arbeitslose. CDU kritisiert Wunschdenken von Rot-Grün

Der Hauptstadt droht der Untergang. Denn die Parteien im Abgeordnetenhaus könne sich nicht über Leitbilder und Zielsetzungen für ein zukunftsfähiges Berlin einigen. Diese seien aber notwendig, damit „die moderne Großstadt nicht unter dem Schlamm der jetzt globalen Umweltveränderung begraben“ werde, die sie selbst mit verursacht habe. Zu diesem Ergebnis kommt zumindest der Vorsitzende der Enquetekommission „Lokale Agenda 21“, der Grünen-Abgeordnete Hartwig Berger.

Vertreter von SPD, Grünen und PDS präsentierten gestern gemeinsam den Arbeitsbericht der Kommission und stellten ihre Vorschläge für ein Leitbild und denkbare Zielsetzungen vor. SPD und Grüne sind in dem Bericht bereits mit gemeinsamen Vorschlägen vertreten. Diese setzen vor allem auf Nachhaltigkeit. Gefordert werden beispielsweise die Senkung von Treibhausgasen und Flächenverbrauch, die Herstellung von Bildungsgerechtigkeit und eine Verringerung der Arbeitslosigkeit.

So sollen etwa die Schadstoffemissionen bis zum Jahre 2020 um 80 Prozent reduziert werden. Im selben Zeitraum soll die Arbeitslosenquote unter 5 Prozent fallen, der Anteil erfolgreicher Hochschulabgänger auf 40 Prozent pro Jahrgang steigen.

Auch die PDS liegt mit den Konzepten von Rot-Grün weitgehend auf einer Linie. Die Sozialistin Delia Hinz forderte jedoch zusätzlich ein Indikatorensystem zur besseren Messbarkeit der Handlungsziele.

Die Kommissionsmitglieder der CDU nahmen an der Vorstellung des Berichts nicht teil. Auf Nachfrage der taz bezeichnete Uwe Goetze, der als stellvertretender Vorsitzender für die Christdemokraten in der Kommission sitzt, die Vorschläge der anderen Parteien als „völlig illusorisches Wunschkonzert“. Deren Vertreter signalisierten untereinander Kompromissbereitschaft und stellten ein gemeinsames Konzept für ein zukunftsfähiges Berlin in Aussicht.

Um die Erarbeitung eines Konsenspapiers tatsächlich zu ermöglichen, muss sich das im Oktober zu wählende Abgeordnetenhaus jedoch entscheiden, eine neue Enquetekommission einzusetzen. Dies wird vermutlich der Fall sein, ein Viertel der Abgeordneten für einen entsprechenden Beschluss ausreicht. Auch der Vorsitzende der Kommission, Hartwig Berger (Grüne), empfiehlt eine neue Kommission. Holger Rogall (SPD) kündigte an, diese könne bereits im Januar eingesetzt, ihr Leitbild im April vom Parlament abgesegnet werden.

Wohl ohne die Stimmen der CDU. Uwe Goetz, spricht den Konzepten der anderen Parteien jede Umsetzbarkeit ab: „Bei der gegenwärtigen Haushaltslage besteht keine Chance, die Pläne von Rot-Grün zu realisieren.“ Die denken aber auch gar nicht an prompte Umsetzung. Vielmehr gehe es darum, langfristig und losgelöst von der aktuellen Politik Zukunftsbilder zu entwickeln, betonte Berger. Daher wolle er den Vorschlag zunächst auch von der Öffentlichkeit diskutieren lassen und Stimmen der Bürger einholen. Die könnten einer Nachfolgekommission als Arbeitsgrundlage dienen.

„Wir mussten von Mittelstrecke auf Kurzstrecke umstellen“, sagte Berger gestern. Er spielte damit auf die verfrühte Auflösung der Enquetekommission an, die mit der Auflösung des Abgeordnetenhauses einhergeht. In der kurzen Zeit sei man über ein Diskussionspapier nicht hinausgekommen. CHRISTIAN TERIETE

Der Arbeitsbericht im Internet: www.agendaforum.de/enquete