Quiz mit Grinsekater

Ausweg aus der Unterhaltungsmisere? „Das Quiz mit Pilawa“ könnte der Startschuss seiner ARD-Karriere sein. Günther Jauch sollte ihn gehört haben

Den Job macht er nett, aber blutarm. Adrett, aber glatt – Jörg Pilawa ist die perfekte Fernsehkreatur

von ARNO FRANK

Fast hätten wir vergessen, dass Sendungen bei den Öffentlich-Rechtlichen noch anmoderiert werden. Jetzt werden wir daran erinnert, wie sinnvoll das ist: „Talkshows: Lächeln, Interviews: Lächeln, Fototermine: Lächeln. Dieser Mann hat einen wahren Lächelmarathon hinter sich!“

Dieser Mann ist Jörg Pilawa, 35, die neue „Wunderwaffe“ der ARD, die einen lächelnden Strahlemann gut gebrauchen kann. Von einer „Unterhaltungsmisere“ ist die Rede, nachdem ARD wie ZDF den „Quiz“-Zug haben abfahren lassen. Und von einem Fehlen einprägsamer Gesichter, nachdem sogar Jürgen von der Lippe den Hut genommen hat. Keine Stars, nirgends.

Nun hat sich die ARD den smarten Pilawa eingekauft, der auf Sat.1 mit seiner „Quizshow“ Günther Jauchs „Wer wird Millionär?“ leidlich Paroli bieten konnte. Den Job machte er nett, aber blutarm, adrett, aber glatt – die perfekte Fernsehkreatur, ein schönes Gesicht als weißes Blatt Papier. Um das zu ändern, hat die ARD Pilawas Visage bundesweit plakatieren lassen – unrasiert und mit frech hochgewachsten Haaren. „Herzblatt“ soll er machen, die „NDR Talk Show“ moderieren und mittwochs (18.54 Uhr) „Das Quiz mit Pilawa“ bestreiten. Dabei tritt der ARD-Neuling in die Fußstapfen von Kerner und Beckmann.

Beide beteiligten sich nach dem Wechsel zu den Öffentlich-Rechtlichen mit eigenen Firmen an eigenen Sendungen, und beide fielen recht rasch ziemlich platt auf die Nase. Pilawas neuer Firma White Balance soll das nun nicht passieren: Das Konzept der neuen Quizshow wurde zusammen mit Pearson TV entwickelt, das sich auch schon die Sat.1-„Quizshow“ ausgedacht hat. In zwölf Schritten muss sich das Kandidatenpaar – Eheleute, Freunde, Geschwister oder Kollegen – einem Gewinn von 500.000 Mark annähern. Mit jeder Frage wird’s kniffliger, vier Antworten stehen zur Auswahl. Einer der beiden abwechselnd Befragten kann sein Veto einlegen. Damit der „human touch“ reinkommt, der Pilawa so vorschwebt.

Und so saßen am Mittwochabend paarweise Müllmann und Zimmermann, Pilot und „Pilotbegleiterin“, Bäcker und Geselle einem vergnügten Pilawa gegenüber, der sich offensichtlich freute, „wieder draußen zu sein“. Der tätowierte Zimmermann gibt eine falsche Antwort, der ebenfalls illustrierte Müllmann denkt nach, ob er sein Veto einlegen soll. „Ich konnte Sie eben im Halbdunkel beobachten . . .“, hebt Pilawa an. „Un, war jut?“ kontert der Müllmann. Gutes Casting ist die halbe Miete. Pilawa kann aber auch, und zwar seine Opfer unnachahmlich offen und leer zugleich angucken. Das ist auch schon die zweite Hälfte der Miete, alles Weitere spielt sich in der wortlosen Kommunikation zwischen den Kandidaten ab. Ein simpler Kunstgriff, der das Format erfrischend erweitert. Und die Last vom Moderator nimmt, weil mehr Akteure im Spiel sind.

Pilawa bekommt das prächtig. Eine weitgereiste Stewardess zu fragen, ob sie sich sicher ist, wirklich in Brüssel gewesen zu sein, ist nicht ohne Witz. Und den Spaß, mit dem er zum Zwecke der Irritation vor allem weibliche Gäste anflirtet, den hatte er auf Sat.1 noch nicht. Auch der NDR macht aus Pilawa keinen Jauch, aber doch einen lustigeren Moderator. Wäre da nicht das schlampig wabernde, billig ploppende Sounddesign – fast wollte man Wetten annehmen, wer im Herbst das Rennen machen wird, wenn Jauch aus der Sommerpause kommt. Seinen eigenen Schatten hat die „Wunderwaffe“ schon abgeschüttelt: Im Okober verabschiedet sich Sat.1 vom Konzept und setzt die „Quizshow“ ab. Pilawas Nachfolger Christian Clerici hatte zu wenig gelächelt.