Debatte abgewürgt

Verteidigungsminister Scharping sieht keinen Diskussionsbedarf für Mazedonien-Einsatz. Widerstand bei SPD und Grünen wächst

SKOPJE/BERLIN rtr/ap/afp ■ Angesichts der kritischen Lage in Mazedonien ist Verteidigungsminister Rudolf Scharping (SPD) den Debatten über einen Zeitplan für einen Bundeswehreinsatz mit Nachdruck entgegengetreten. Es sei sinnlos, über einen Beitrag Deutschlands nachzudenken, solange die politischen Ziele der Nato und der Bundesregierung noch nicht in Sichtweite seien, sagte Scharping gestern in Köln. Ähnlich äußerte sich die Grünen-Verteidigungsexpertin Angelika Beer.

In der SPD-Bundestagsfraktion wächst offensichtlich der Widerstand gegen die Einsatzpläne in Mazedonien. Nach Informationen der Welt (Donnerstagausgabe) haben neun SPD-Abgeordnete schriftlich angekündigt, der Entsendung deutscher Soldaten nicht zuzustimmen. Laut Welt gibt es in der Fraktion damit 13 Gegner eines solchen Einsatzes. Bei den Grünen hätten drei Abgeordnete ihr Nein angekündigt. Bei mehr als 15 Verweigerern wäre die Regierung auf Stimmen der Opposition angewiesen, die ihre Zustimmung aber unter anderem von finanziellen Verbesserungen für die Bundeswehr abhängig gemacht hat.

Unterdessen machten die Westmächte gestern in Mazedonien einen neuen Versuch, die Eskalation zu einem Bürgerkrieg zu verhindern. Kurz nach der Ankunft von Nato-Generalsekretär George Robertson und dem EU-Außenbeauftragten Javier Solana in Skopje und ersten Gesprächen mit ihnen bestätigte der mazedonische Präsident Boris Trajkovski gestern, dass die Verhandlungen über eine friedliche Lösung wieder aufgenommen würden. Die albanischen Parteien waren vor einer Woche aus den Gesprächen ausgestiegen.

Bereits in der Nacht zu gestern hatte die Nato mit Vertretern der albanischen Rebellen ein Abkommen über ein Teilabkommen der UÇK geschlossen. Gemäß der Vereinbarung sollten sich die Rebellen mit Beginn um 6 Uhr MESZ auf ihre Positionen zurückziehen, die sie vor Vereinbarung eines Waffenstillstandes am 5. Juli hielten. Gestern gab es widersprüchliche Angaben über die Umsetzung der Vereinbarung. So hatte der zuständige UÇK-Kommandeur Leka kurz vor der Ankunft Robertsons gesagt, er könne nicht abziehen, weil dies die Bevölkerung der Armee und der Polizei ausliefern würde. Sie seien eigens zum Schutz in die Dörfer am Rande Tetovos gebeten worden.