Schwerer Saisonstart

Mit dem 1. FC Union und Babelsberg kicken gleich zwei Vereine aus Berlin und Potsdam in der 2. Liga. Die Aufstiegsfreude ist verhalten, von Champions League spricht niemand

Sieger sehen anders aus. Da steigt der 1. FC Union nach elf Anläufen seit dem Mauerfall endlich in die 2. Bundesliga auf und erreicht auch noch das Pokalfinale. Dennoch wirkt Präsident Heiner Bertram vor dem ersten Spiel am Montagabend in der Köpenicker „Alten Försterei“ gegen Hannover 96 seltsam angespannt. „Die Freude ist bei mir noch nicht angekommen“, sagt der Mann, der Union 1998 vor dem Bankrott bewahrte. Auch die Fans fallen nach elf mageren Jahren mit vier Lizenzverweigerungen in keinen Freudentaumel. Es fällt kaum ein Wort vom Aufstieg in die 1. Bundesliga. Union soll sich erst mal in der 2. Liga etablieren.

Zu viele Rückschläge mussten die „Eisernen“ in der Sommerpause einstecken. Erster bitterer Tropfen war die Rückkehr des ausgeliehenen Torjägers Daniel Teixeira nach Uerdingen. Mit 18 Treffern in 16 Spielen war er der Erfolgsgarant der Köpenicker in der letzten Regionalligasaison. Union wollte die geforderte Ablöse für 900.000 Mark nicht zahlen. Bei der Jubelfeier auf Mallorca sorgten überdies Hiobsbotschaften von Vermarkter „Sportwelt“ für schlechte Stimmung. Die Tochter der am Neuen Markt eingebrochenen „Kinowelt AG“ zog Bürgschaften für zahlreiche von ihr gesponsorte Vereine zurück. Union entging dem Kollaps nur, weil der Kinowelt-Chef Michael Kölmel in letzter Sekunde aus eigener Tasche 3,6 Millionen Mark beim DFB hinterlegte. In bar.

„Wir müssen lernen, auf eigenen Füßen zu stehen“, sagt Bertram. Denn die „Sportwelt“ hat signalisiert, dass es ab der Spielzeit 2002/2003 wohl keine neuen Kredite geben wird. Statt dessen erwartet der Vermarkter aus Düsseldorf, dass die gewährten Darlehen in Höhe von 16 Millionen Mark zurückzahlt werden. „Die werden aber nur fällig, wenn wir Gewinne ab einer bestimmten Höhe erzielen“, beschwichtigt Union-Geschäftsführer Bernd Hofmann die besorgte Basis. Trotzdem ist der DDR-Pokalsieger, den insgesamt 18 Millionen Mark Verbindlichkeiten drücken, in der 2. Liga zum Erfolg geradezu verdammt.

„Wir würden uns nie an einen Vermarkter ketten“, sagt daher auch Detlef Kaminski. Überhaupt sieht sich der Präsident des SV Babelsberg, dem wie Union den Aufstieg in die 2. Liga gelang, als Gegenentwurf zu dem populäreren Hauptstadtklub. Der Star der so genannten „Babelszwerge“ ist Aufsichtsrat Volker Schlöndorf, dessen „Blechtrommel“ einst mit dem Oscar ausgezeichnet wurde. Die meisten Spieler hingegen sind Namenlose, die bei Bundesligaklubs den Durchbruch verpassten. „Was willst du denn in Babelsdorf?“, musste sich Kapitän Almedin Civa von Kollegen hämisch fragen lassen, als er in Potsdam anheuerte. Bei der Premiere am Sonnabend in Bielefeld will der Sensationsaufsteiger eine erste Antwort geben.

Ob es der Start zu einer „Mission impossible“ ist, wird sich zeigen. Experten zweifeln freilich an einem Happy End, denn der Etat der Potsdamer reicht mit neun Millionen Mark quasi nur für ein B-Movie. Aus Kostengründen bezog die Mannschaft des russischen Trainers Hermann Andreev ihr Trainingscamp in der spartantischen Sportschule Kienbaum bei Berlin. Union hingegen machte sich – dank eines Haushalts von 13,2 Millionen – in einem luxuriösen Vier-Sterne-Sporthotel im hessischen Rotenburg frisch. „Wenn Babelsberg mit dieser Billigmethode auch in der 2. Liga Erfolg hat“, weiß Union-Präsident Bertram, „dann muss unser Modell auf den Prüfstand.“ JÜRGEN SCHULZ