Ein alter Mann turnt um die Welt

80 Jahre und immer auf Reise – wenn der Globetrotter Rox-Schulz nicht ein Exponat im eigenen Museum ist

Ein Handstand hat Heinz Rox-Schulz bekannt gemacht. Er machte ihn 1953 auf dem Dach eines Wolkenkratzers in Singapur – und damit es nicht zu schlicht aussah, auf nur einem Arm und auf zwei übereinander gestellten Weinflaschen.

Das Foto wurde oft gedruckt. Man nannte Rox-Schulz den „ersten deutschen Artisten in Asien“. Hotels buchten ihn, sein Akrobatikprogramm zeigte er vor Gästen aus Europa. Die meisten kamen aus England, Leute mit genug Geld für luxuriöse Exotik, zu der auch ein Flickflackmeister aus Deutschland gehören durfte.

Rox-Schulz füllte durch diese Engagements die Kasse für Reisen, mit denen er seine persönliche Weltkarte vervollständigte. Er ritt auf Elefanten durch Indien, paddelte mit dem Faltboot auf dem Amazonas, fuhr mit einem VW-Bus kreuz und quer durch Südamerika. „Ich kannte damals nicht einmal den Unterschied zwischen Hindus und Muslimen. Als ich zum ersten Mal das Tadsch Mahal sah, war es meine eigene Entdeckung, denn ich hatte vorher nichts darüber gehört.“ Sprachbarrieren hat er nie akzeptiert. „Immer wenn ich irgendwohin kam, habe ich den Leuten etwas vorgeturnt. Die Körpersprache lügt nicht, und eine Sprache, in der man nicht schummeln kann, hat einen moralischen Wert.“

Ihn trieb nicht das Gefühl der Überlegenheit, sondern die Neugier. „Als kleiner Bub hat sie mich zum ersten Mal gepackt. Ich strolchte zwischen den Schiffen am Hafen meiner Heimatstadt Königsberg herum und merkte, wie es durch die verschiedenen Gerüche, Sprachen und Menschen zu kribbeln begann.“ Nach dem Krieg, Rox-Schulz nennt ihn stets „die zweite Weltdummheit“, zog er als Artist von Jahrmarkt zu Zirkus und wurde 1950 nach Madrid eingeladen. Dort begann eine fünfjährige Welttournee.

Am 23. März feierte der Journalist, Filmemacher und Schriftsteller Heinz Rox-Schulz seinen 80. Geburtstag. Seine Reisen sind kürzer geworden. Viermal in der Woche schließt er sein Haus ab, fährt zum Alten Rathaus von Saarbrücken und öffnet sein Abenteuermuseum. Skulpturen, Masken und Keramik aus Afrika, Asien, Südamerika und Papua-Neuguinea hängen in Vitrinen und an den Wänden.

Rox-Schulz hat sein Leben in dieses Museum gesteckt und ist selbst das wichtigste Exponat. Da sitzt er zwischen Erinnerungen, ein Mann mit Hut und einem Bart, der bis auf die Brust reicht. Er redet gern über sein Leben und hört gern zu. „Zu mir kommen sehr viele junge Leute, die sich gut in der Welt auskennen, von ihnen kann ich viel lernen.“

Er selbst ist aus der Mode gekommen, weil er sich der Geschwindigkeit nicht anpassen will. „Ich habe oft Jahre gebraucht, um von einem Kontinent zum nächsten zu wechseln. Heute setzt man sich in ein Flugzeug, man isst, schnarcht eine Runde, und wird dann irgendwo ausgespuckt.“ Ihm würde das Erlebnis der Entfernung fehlen.

Doch das sei nur seine private Ansicht. „Reisen ist zweifellos ein Fortschritt im menschlichen Zusammenleben, selbst wenn Touristen einem Land auch Probleme bringen können. Aber früher trafen sich Kulturen ja höchstens auf Schlachtfeldern.“

BERND HEIN

Das Museum von Heinz Rox-Schulz im Alten Rathaus Saarbrücken ist Di./Mi. 9–13 Uhr, Do./Fr. 15–19 Uhr sowie jeden ersten Samstag im Monat von 10 bis 14 Uhr geöffnet.