„Hattig lockt junge Menschen nicht an“

■ Zwei Jahre vor der Bürgerschaftswahl: CDU-Fraktionschef Eckhoff zu Zahlen und Personen

Noch ist es ruhig. Halbzeit. Erst 2003 beginnt die heiße Wahlkampfphase. Um dafür gerüstet zu sein, hat die CDU in Bremen eine Umfrage über Akzeptanz und Wählergunst durchgeführt. Ergebnis: Bremen droht wieder die SPD-Alleinregierung. Die taz sprach mit Fraktions-Chef Jens Eckhoff über die Konsequenzen.

taz: Denken Sie schon an den Wahlkampf 2003?

Eckhoff: Man macht sich natürlich Gedanken, wie man sich so positionieren kann, um gute Ergebnisse zu holen.

Henning Scherf, der große Freund der großen Koalition will noch mal. Freut Sie das, oder fürchten Sie eine SPD-Alleinregierung?

Eine große Freude ist das natürlich nicht. Schließlich tritt ein profilierter SPD-Politiker aus Mangel an personellen Alternativen noch mal an, um so möglichst viele Wählerstimmen auf sich zu vereinen. Und das, obwohl er nach der Hälfte der Legislaturperiode wieder abtreten will. Ich glaube, man muss aufpassen, dass dies keine Wählertäuschung wird. Henning Scherf ist nicht die SPD. Das ist wie eine bunte Verpackung, wo man den Inhalt nicht kennt.

Aber Sie würden noch mal gern – mit der SPD zusammen?

Unsere Idee ist erstmal möglichst stark zu werden. Und dann zu gucken, welche Möglichkeiten man nach der Wahl hat.

Was muss die CDU denn besser machen?

Wir müssen stärker unsere Erfolge herausarbeiten. Das hat ja nichts mit Henning Scherf zu tun. Der verkauft das nur sehr gut. Wir müssen deutlich machen, dass es noch eine ganze Reihe von Problemen gibt, die bislang nicht gelöst wurden.

Jetzt ist Schulte als Innensenator gegangen – war das eine Bereinigung für den Wahlkampf?

Nein. Das ist das völlig falsche Wort. Aber wir haben jetzt die Möglichkeit, im Feld der inneren Sicherheit deutlichere Akzente zu setzen. Schulte hat ja keine schlechte Politik im Bereich der Inneren Sicherheit gemacht. Aber es gehört auch dazu, dass man seine Erfolge entsprechend verkauft. Aus diesem Grund ist es sicherlich für uns besser, dass Herr Böse das entsprechend anders vortragen wird.

In ihrer Umfrage soll die CDU gerade im Bereich innere Sicherheit deutlich Akzeptanz verloren haben – und dann geht Schulte. Ist das nur Zufall?

Kaffeesatzleserei. Richtig ist auf jeden Fall, dass für das CDU-Klientel die Innere Sicherheit ganz wichtig ist. Und da müssen wir aufpassen, dass uns nicht Kompetenz verloren geht.

Ist Ihnen denn schon was verloren gegangen?

Ich glaube, dass es nicht mehr so viele Probleme gibt wie früher. Keine Silvester-Krawalle, verstärkte Polizeipräsenz. Im Vergleich zu vor zwei Jahren ist die Bedeutung dieses Themas deutlich zurückgegangen. Und jetzt streiten sich die Gemüter, woran es liegt: Weil die Politik gut war? Trotzdem ist unser Problem jetzt, dort wieder Profil zu gewinnen.

Und es mit rhetorischem Geschick besser zu verkaufen?

Das ist nicht nur Rhetorik. Bei Haushaltsberatungen muss man deutliche Zeichen setzen. Und Brennpunkte wie zum Beispiel organisierte Kriminalität systematisch bekämpfen, damit man nach und nach Erfolge erzielt und sie vermarkten kann.

Auch Hattigs Wirtschaftsförderung soll in der Umfrage nicht gut weggekommen sein.

Im Bereich der Wirtschaftspolitik gibt es schon noch ein deutlicheres Problembewusstsein als bei der inneren Sicherheit. Allein schon über Arbeitsplätze. Aber das muss man auch so verkaufen und deutlich sagen, dass hier im vergangenen Jahr 8.000 neue Arbeitsplätze entstanden sind. Inzwischen liegt Bremen bei Wirtschaftsumfragen auch nicht mehr ganz am Ende, sondern in der Mitte.

Braucht die Wirtschaftspolitik einen neuen Senator für die Wahl 2003?

Nein. Ich halte Herrn Hattig überregional für einen sehr wichtigen Werbeträger, der mit seinen Verbindungen enorm viel erreichen kann. Das wird auch bis zur Wahl so bleiben. Aber es ist auch vollkommen klar, dass er das Thema, wie junge Menschen an den Standort Bremen zu locken sind, nicht offensiv angehen wird.

Wie groß ist die Gefahr einer SPD-Alleinherrschaft?

Die Taktik von Scherf ist ja klar: alles in Friede, Freude, Eierkuchen zu machen. Da ist die Gefahr sicherlich groß, dass es auf eine absolute Mehrheit der SPD hinausläuft. Aber im Wahlkampf gibt es schon noch Möglichkeiten. Außerdem wissen wir, dass drei Viertel in Bremen gegen absolute Mehrheiten sind.

Sie haben mal gesagt, Scherf täte so, als gebe es die Probleme, die die CDU angehen wollte, gar nicht.

Ja, das ist richtig. Wir müssen schon verdeutlichen, wo die Probleme liegen. Wenn sie versuchen 30 Jahre sozialdemokratische Misswirtschaft in den Griff zu bekommen, dann gelingt einem das nicht in vier und auch nicht in acht Jahren. Dieser Prozess würde mindestens noch eine Periode dauern.

CDU-Landes-Chef Bernd Neumann betont auch, dass sich die CDU bei Kultur und Bildung zu sehr zurückgehalten habe.

Das Problem, das wir als CDU haben, ist natürlich, dass man als Sparkommissar nicht gut weg kommt. Wir machen solide Haushaltspolitik, das führt zu Kürzungen, und die sind nicht beliebt.

Fiel Perschau in der Umfrage auch durch?

Im Gegenteil. Es ist völlig klar, dass wir mit Hartmut Perschau als Bürgermeisterkandidaten antreten werden. Und er hat sicherlich eine gute Ausgangslage für die nächsten Wahlen. Es ist aber eine ganz, ganz schwierige Rolle. Zu kürzen und bei den Wahlen gleichzeitig die Prozente einzufahren.

Im Frühjahr spukte immer noch das Angebot der CDU durch Bremen, mit den Grünen koalieren zu wollen. Was ist damit?

Ich lese immer wieder – leider – dass die Grünen deutlich machen, dass ihre Wunschperspektive Rot-Grün heißt. Wir nehmen das zur Kenntnis. Ich glaube, die Grünen haben mit ihrer Anti-Haltung im Moment selbst viele Probleme, wieder regierungsfähig zu werden. Deshalb stellt sich im Moment die Frage sicherlich nicht.

Das klingt, als würde der frühere Anbieter ernüchtert drei Schritte zurück gehen.

Das hat nichts mit ernüchtert zu tun. Wir haben die Aufgabe, als CDU möglichst stark zu sein. Und nach dem Wahltermin gucken wir nach Konstellationen.

Fragen: Dorothee Krumpipe