„G8 tötet – nicht nur in Genua“

■ 200 Bremer Globalisierungsgegner protestierten gegen das Vorgehen der italienischen Polizei

„Ich habe Genua überlebt“, prangte in schwarzer Schrift auf dem frischen weißen Gips, den eine Frau um die 50 am Unterarm trug. Den jungen MitdemonstrantInnen, die auf dem Ziegenmarkt um sie herum standen, erzählte sie schauerliche Geschichten darüber, was sie auf dem G8-Gipfel in Genua erlebt hatte: „Ich habe den Faschismus gesehen.“ Zwei Tage habe sie im Krankenhaus verbracht, zwei Tage im Gefängnis.

„Absolut friedlich“, so auch die Polizei, hatten am Samstag fast 200 AnhängerInnen verschiedener linker Gruppierungen für die sofortige Freilassung der in Genua inhaftierten Globalisierungskritiker demonstriert. Ein Bremer Solidaritätsbündnis hatte zu dem Protest aufgerufen, der gegen Mittag direkt neben den Gemüseständen auf dem Ziegenmarkt begann.

„Für die Macht der Reichen gehen sie über Leichen“, hieß es auf Transparenten über das Vorgehen der italienischen Polizei und Armee. Mit „unvorstellbarer Härte“ seien die während des G8-Gipfels in Genua gegen GlobalisierungsgegnerInnen vorgegangen, dröhnte es aus den Lautsprechern, die das komplette Dach eines Autos einnahmen. Die Polizei habe „gnadenlos Jagd auf GipfelkritikerInnen gemacht“ und diese „in Knästen brutal misshandelt“. 280 säßen noch immer in Gefängnissen in Genua, darunter etwa 20 Deutsche.

Hetzkampagnen um den Widerstand einzuschüchtern, würden jedoch ihre Wirkung verfehlen, tönte es über den Ziegenmarkt. Denn „jeden Tag sind weltweit Zehntausende von Menschen auf der Straße, um gegen die Repression und die herrschenden Verhältnisse zu protestieren.“ Immer neue Versuche, die Antiglobalisierungsbewegung zu kriminalisieren, würden ihren Widerstand nur steigern, kündigten die DemonstrantInnen an.

Nach der Solidaritätskundgebung formierten sich die ProtestlerInnen zu einer Demonstration und zogen eingehüllt von zum Wetter passender Ska- und Reggae-Musik Richtung Sielwall. 25 bis 30 PolizistInnen und Männer eines Sondereinsatzkommandos verhinderten allerdings, dass der Demonstrationszug durch den Sielwall am italienischen Konsulat vorbeiziehen konnte. „Die Polizei glaubt, dass im Bereich des Konsulats Steine abgelegt worden sind“, schepperte es aus den Lautsprechern.

Während Polizei und DemonstrantInnen noch verhandelten, vertrieben sich beide Seiten damit die Zeit, das Verhalten der jeweils anderen auf Video oder Foto zu dokumentieren. Schließlich machten die DemonstrantInnen brav von der Polizei angeführt einen Schlenker um die italienische Vertretung herum, die zu dem Zeitpunkt schon einige schwarze Farbbeutel und Sprüche wie „G8 tötet, nicht nur in Genua“ abbekommen hatte. Nach einer Abschlusskundgebung auf dem Marktplatz löste sich der Protestzug dann schnell auf.

Während der Demo wurden Flugblätter verteilt, auf denen eine Gruppe namens „widerstand international“ dazu aufruft, heute um 20 Uhr in der Buchtstraße 14-15 zum Thema „Was geschah wirklich in Genua? Wie weiter mit im Kampf gegen die Globalisierung?“ zu diskutieren. Sylvia Massow