montagskolumne: meinhard rohr zur lage der nation im spiegel seines wissens
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Kürzlich blätterte ich in den Schriften eines singulären Ausnahmejournalisten und schillernden Wortkünstlers. Mit präzisem Blick verfolgt er die Entwicklungen seines Landes, seiner Gesellschaft, seiner Nation. Früher zählte er sich leider zu den Linken, doch hat er sich davon gelöst, längst abgeschlossen mit dieser Phase, dieser Episode, diesem Zwischenspiel in seinem Leben. Mit Verve greift er sich kleine Begebenheiten heraus und setzt sie in große Zusammenhänge. Entwirft ein stimmiges Bild. Zeichnet eine Blaupause der Lage. Die ist oft nicht rosig. Doch er scheut sich nicht, der Gesellschaft den Spiegel vorzuhalten und seine feingliedrigen Finger in ihre tiefen, blutenden Wunden zu legen. Warum, fragte ich mich, gibt es nicht mehr Menschen seiner Art? Heerscharen von Lohnschreibern füllen die Redaktionen, doch nur er ist berufen, die Dinge beim Namen zu nennen, unbequem und unerschrocken. Einzigartig ist er, aber auch einsam. Ich weinte. Dann legte ich meine Artikel wieder beiseite.

Diese Kolumne erscheint in loser, aber leider häufiger Folge.