Ja zu Studiengebühren war ernst gemeint

Bildungsministerin Bulmahn (SPD) will Studiengebühren für Langzeitstudenten jetzt bundesweit per Gesetz erlauben

BERLIN taz ■ Diese Ministerin wird noch in die Geschichte eingehen als die Erste, die ihre Politik immer wieder durch einen lapsus linguae ankündigt. Mit einem Versprecher läutete Bildungsministerin Edelgard Bulmahn (SPD) schon vor zwei Jahren einen grundsätzlichen Kurswechsel in der Bafög-Politik ein. Jetzt passierte das Gleiche mit den Studiengebühren. Der Schwenk ist erneut fundamental: Bisher war Bulmahn stets strikt gegen Studiengebühren im Erststudium. Jetzt will sie per Gesetz erlauben, dass so genannte Langzeitstudenten zur Kasse gebeten werden – im Erststudium.

Am Donnerstag freundete sich Bulmahn zum bassen Erstaunen ihrer Parteifreunde und Koalitionspartner erstmals mit Studiengebühren an. Sie habe „keine Probleme“ mit dem baden-württembergischen Gebührenmodell, das gerade vom Bundesverwaltungsgericht für rechtens erklärt wurde, sagte Bulmahn. Im CDU/FDP-regierten „Ländle“ müssen Studis 2.000 Mark im Jahr zahlen, wenn sie die Regelstudienzeit um mehr als vier Semester überziehen.

Bulmahns Kehrtwende erfolgte zu nachtschlafener Zeit im ZDF-Morgenmagazin. Prompt hieß es hinterher, man habe die Ministerin falsch verstanden. Die Klarstellung kam gestern via Tagesspiegel. Und nun ist aus dem morgendlichen Versprecher richtige Politik geworden.

Bulmahn kündigte an, bis zum Jahresende ein neues Gesetz auszubereiten. Darin sollen Studiengebühren ausgeschlossen werden – für die Regelstudienzeit plus vier Semester. Danach wären Gebühren erlaubt.

Bei einigen Koalitionsfreunden hat Bulmahn damit wenig Freude ausgelöst. Die sind nämlich grundsätzliche Gebührengegner und haben ganz andere Modelle wie Bildungsgutscheine und Studienkonten in der Schublade. Prompt reagierte Berlins Wissenschaftssenatorin Adrienne Goehler bissig, sprach von einer „Strafaktion“ und einem falschen Signal. „Die Grünen werden diesen Weg nicht mitgehen“, sagte Goehler der taz.

Arg düpiert muss sich vor allem aber der Koordinator der SPD-regierten Länder für Hochschulfragen fühlen. Jürgen Zöllner, Bildungsminister in Rheinland-Pfalz, ist vehementer Gegner des Bezahlstudiums und lehnt speziell das Baden-Württemberger Modell ab, weil dort das Studium prinzipiell kostenpflichtig ist. Die gebührenfreie Regelstudienzeit plus vier Semester ist nur noch eine Ausnahme. Zöllner wollte Bulmahns Meinungswechsel gestern nicht kommentieren. CHRISTIAN FÜLLER