Grüne Hilfe für Globalisierungskritiker

Justizsenator Wieland (Grüne) empfängt aus italienischer Haft entlassene Globalisierungskritiker, fordert Überprüfung der Ereignisse und kündigt notfalls Ermittlungen der deutschen Justiz an. Die CDU mahnt Wieland zur Zurückhaltung

Justizsenator Wolfgang Wieland (Grüne) hat gestern den während des G-8-Gipfel in Genau verhafteten Globalisierungskritikern Hilfe versprochen. Falls die Ermittlungen in Italien nicht erfolgreich verlaufen, sagte Wieland, könnten Straftaten gegen deutsche Staatsbürger im Ausland auch durch die deutsche Justiz verfolgt werden.

Zuvor hatte der Justizsenator drei Globalisierunsgskritiker nach ihrer Rückkehr aus dem Polizeigewahrsam in Italien zu einem Gespräch gebeten. Es bestünde der begründete Verdacht, sagte Wieland nach dem Treffen, „dass Sondereinheiten der italienischen Polizei in einer Art Rachefeldzug gegen Globalisierungsgegner“ vorgegangen seien. „Wir haben ein Interesse daran, dass die Gewaltexzesse geahndet werden“, versicherte der Justizsenator. Die CDU reagierte prompt. Sie forderte Wieland zur „Mäßigung“ auf.

Blaue Flecke, fünf Jahre Einreiseverbot in Italien, Ermittlungsverfahren wegen „Mitgliedschaft im Black Block“ und Bilder, die sie in den Schlaf verfolgen, sind die Genua-Souvernirs von Wielands Gesprächspartnern: „Wir hatten gerade Zähne geputzt und unsere Schlafsäcke ausgebreitet, als die Polizei die Schule gegenüber des Genua Social Forums stürmte“, berichteten Mina Zapatos und Moritz von Unger. Als 15 vermummte Polizisten mit Waffen im Anschlag vor ihnen standen, hätten sie die Hände erhoben. „Dann mussten wir uns auf den Boden legen, und die Polizisten begannen auf uns einzuschlagen und zu treten – vor allem auf die Köpfe.“ Schockiert waren die Islamwissenschaftlerin und der Jurastudent, als die Gruppe durch ein Spalier prügelnder Polizisten ins Erdgeschoss der Schule gebracht wurde. „Die Hälfte der Menschen dort war schwer verletzt.“

Auch in der Polizeikaserne gingen die Misshandlungen weiter. Alle Inhaftierten mussten über Nacht mit gespreizten Beinen und Armen an der Wand stehen. Für den 27-jährigen Moritz von Unger wurde jeder Gang zur Toilette „ein Spießrutenlaufen zwischen Tritten und Schlägen.“

Während Mina Zapatos und Moritz von Unger am Donnerstag direkt aus der Haft nach Deutschland abgeschoben wurden, hatte der Berliner Sozialarbeiter Marc Lang mehr Glück. Ein unvermummter Polizist ließ ihn vor der Schule wieder laufen. „Der hat mir leise noch ‚Good Luck‘ zugerufen.“ Zuvor hätten andere Beamte zugeschlagen: Elf bläulich-lila verfärbte Blutergüsse hat der 33-Jährige auf seinem Rücken gezählt. Lang hofft, dass der Justizsenator sich auch für die noch immer inhaftierten 22 Deutschen einsetzen wird. Unter ihnen befinden sich mehrere Berliner, die am vergangenen Sonntag bei der Rückreise außerhalb von Genua festgenommen wurden. HEIKE KLEFFNER