Israel verhängt Geldstrafe fürs Rasensprengen

Nach zwei trockenen Wintern gibt es in Israel nicht mehr genug Wasser für die Parks – erstmals wird das Gießen verboten. Doch noch immer vergeuden die Israelis kostbares Trinkwasser, das sie aus den besetzten Gebieten abzweigen. Dort aber ist die Versorgung seit Jahren kritisch

Ab heute müssen Israelis erstmals Wasser sparen: Parks und private Gärten dürfen von nun an für zwei Monate nicht mehr bewässert werden. Wer dennoch Rasen sprengt, muss mit 5.000 Mark Strafe rechnen. In der mit 355.000 Einwohnern zweitgrößten israelischen Stadt Tel Aviv senkte die Verwaltung den Wasserdruck – und verringert damit die pro Zeit abfließende Menge.

Wasser ist seit Jahrzehnten eines der wichtigsten Streitobjekte im Nahostkonflikt. Aber erst jetzt bekommen nach Palästinensern, Jordaniern und Syrern auch die Israelis zu spüren, was es bedeutet, zu wenig Wasser zu haben. Denn bislang entnehmen die Israelis nach Belieben Grundwasser, während die Palästinenser knapp gehalten werden.

„Alle natürlichen Wasservorräte haben den niedrigsten Stand seit 50 Jahren erreicht“, sagt der Chef der Wasserbehörde, Schimon Tal. Der akute Mangel berge auch gesundheitliche Gefahren: „Eine drastische Verschlechterung der Wasserqualität ist unvermeidlich.“

Die aktuelle Wasserkrise in Israel war seit Jahren absehbar, denn der Nahe Osten ist eine der wasserärmsten Regionen der Welt. Nach zwei regenarmen Wintern – der März war der trockenste Monat seit 40 Jahren – sind viele unterirdische Reservoirs ausgetrocknet. Die meisten dieser natürlichen Wasserspeicher liegen im Westjordanland und dem Gaza-Streifen – nach palästinensischer Auffassung fallen sie unter ihre Oberhoheit.

Das ist Israel egal: Das Land pumpt dreimal mehr Wasser aus diesen Vorräten ab als die Palästinenser. Ähnlich ist es im Norden: Der See Genezareth wird aus Flüssen gespeist, die auf den besetzten Golanhöhen entspringen. Das dürfte der Hauptgrund sein, warum Israel das Gebiet nicht an Syrien zurückgibt.

Während in Jordanien und Syrien die Wasserhähne seit Monaten mehrere Stunden täglich abgedreht werden müssen, verbrauchen die Israelis Wasser im Überfluss: Schwimmbäder, Autowaschanlagen und Geschirrspülmaschinen werden rege genutzt. Für jedes Kilo der in israelischen Agrargenossenschaften, den Kibbuzim, gezüchteten Orangen sind 450 Liter Wasser nötig. Der Wasserpreis liegt mit umgerechnet zwei Mark für tausend Liter weit unter europäischem Durchschnitt. Umweltverbände fordern regelmäßig von der Regierung in Jerusalem, ihren Bürgern die Kostbarkeit des Wassers durch höhere Preise zu vermitteln und sie so zum Sparen anzuregen – bisher ohne Erfolg. In den palästinensischen Gebieten hat der Mangel derweil kritische Ausmaße erreicht.

„Die Wasserkrise hat einen einfachen Grund: Israel entnimmt der Natur mehr Wasser, als sie hergibt – und jedes Jahr mehr“, schreibt die israelische Zeitung Haaretz. Das Bevölkerungswachstum um ein Fünftel durch die Einwanderung russischer Juden hat den Verbrauch zusätzlich erhöht.

Nun also bewässern die Israelis ihre Gärten nicht mehr. Von solchen Grünzonen können die meisten Palästinenser nur träumen: Mit jährlich rund tausend Litern pro Kopf verfügen sie gerade mal über ein Drittel von dem, was Israelis verbrauchen. Über die Hälfte des Wassers fließt in Israel noch immer in die international kaum wettbewerbsfähige Landwirtschaft – dank staatlicher Subventionen zu einem Drittel des regulären Preises. Dabei erbringt der Ackerbau nur drei Prozent der israelischen Wirtschaftsleistung.

Das Finanzministerium in Jerusalem prangert diese Praxis seit Jahren an, egal, welche Partei gerade den Minister stellt. Doch die Mehrheit der Minister will den hohen Wasserverbrauch aufrechterhalten und importiert lieber mehr Wasser. Ab 2004 soll die erste Meerwasserentsalzungsanlage in Betrieb gehen. Bis dahin will die Regierung der Türkei Trinkwasser abkaufen, das in Tankern verschifft wird.

FLORIAN HARMS