Flucht aus Mugabes sinkendem Schiff

Immer mehr Menschen emigrieren aus dem kriselnden Simbabwe nach Südafrika – oft illegal und unter hohem Risiko

JOHANNESBURG taz ■ Cibo Ndlovu hat es geschafft. Die Personalberaterin der britischen Hilfsorganisation Oxfam in Südafrikas Hauptstadt Pretoria kam im August vergangenen Jahres aus Simbabwe. Sie nutzte die Chance zur Emigration, als Oxfam unter ständiger Drohung der Regierung sein Büro in Simbabwe schloss. „Es war Zeit zu gehen“, sagt die 39-Jährige, die mit ihren drei Kindern und dem bisher noch arbeitslosen Ehemann jetzt ein neues Leben aufbaut. „Die soziale Situation ist unerträglich, die Polizei als Schutz wertlos. Der Simbabwe-Dollar rinnt wie Wasser durch die Finger, und die Preise steigen alle zwei Tage.“

Das Klima der politischen Unterdrückung und des wirtschaftlichen Zusammenbruchs zwingt immer mehr Simbabwer, ihre beruflichen Fertigkeiten in Südafrika einzusetzen – der „brain drain“ geht um. Die Hoffnung auf ein besseres Leben ist so stark, dass die meisten von ihnen alles hinter sich lassen. Sie schlüpfen bei Nacht an bestimmten Stellen der 288 Kilometer langen Landesgrenze unter die elektrischen Zäune oder durchschwimmen den Limpopofluss unter ständiger Angst, von Krokodilen gefressen zu werden. Manche Immigranten reisen auch legal ein und versuchen, offiziell Arbeit zu finden.

Einmal in Südafrika, stoßen die Migranten aus Simbabwe auf Ausländerfeindlichkeit, werden aber von der Oppositionspartei des eigenen Landes willkommen geheißen. Seit zwei Jahren unterhält die simbabwische „Bewegung für Demokratischen Wandel“ (MDC) in Südafrika ein Komitee mit Zweigstellen im Land. „Wir mobilisieren unsere Leute, sich für Wahlen zu Hause anzumelden“, sagt Komiteechef Nicolas Dube in Johannesburg. Bei den Präsidentschaftswahlen im April 2002 will die MDC Robert Mugabe ablösen, fürchtet aber Gewalt und Wahlbetrug. „Unsere Chancen stehen gut, aber nur wenn wir im Vorfeld frei und fair unsere Kampagnen veranstalten können und die MDC-Wähler nicht eingeschüchtert werden.“

Das MDC-Komitee steht mit vielen der simbabwischen Einwanderer in Kontakt. „Etwa zwei bis drei Millionen leben nach unserer Schätzung legal und illegal in Südafrika“, so Dube – Simbabwe hat zehn Millionen Einwohner. „Viele finden Arbeit im Hotel- und Tourismusgewerbe oder in Krankenhäusern oder machen sich selbstständig.“ Früher oder später erhalten sie eine Aufenthaltsgenehmigung, die regelmäßig erneuert werden muss. Die südafrikanische Regierung hat gerade beschlossen, den Aufenthalt für gut ausgebildete Einwanderer zu erleichtern, fürchtet aber, bei einer Verschlimmerung der Lage in Simbabwe von Flüchtlingen überrannt zu werden.

Viele der illegalen Einwanderer werden an der Grenze abgefangen. Im vergangenen Jahr sandte Südafrikas Polizei fast 50.000 Menschen aus Simbabwe in ihre Heimat zurück – 1996 waren es nur 15.000. Aber auch die drohende Zwangsrepatriierung ist für Migranten kein Grund aufzugeben. Mashinga Homera ist in diesem Jahr schon zweimal beim Überqueren der Grenze erwischt und zurückgeschickt worden. Der 25-jährige Maurer hat nun mit Hilfe der „guma guma“, einer simbabwischen Schlepperorganisation, gegen Gebühr eine gute Durchschlupfstelle gefunden und arbeitet auf dem Bau in Louis Trichardt nahe der Grenze.

„Meine Frau und zwei Kinder sind in Simbabwe, aber hier verdiene ich 130 Mark im Monat mit Unterkunft und Verpflegung“, berichtet er. In Harare hatte er nur 50 Mark im Monat. Aber auch er würde – wie fast alle – am liebsten morgen wieder in seine Heimat zurückgehen. Wenn sich die Lage dort verbessern würde.

MARTINA SCHWIKOWSKI