Einreiseverbot gilt

G-8-Gipfel-Gegner dürfen in den nächsten fünf Jahren nicht nach Italien. Bundesregierung protestiert. Rom lässt Polizeigewalt untersuchen

BERLIN/ROM taz/ap ■ Deutschland hat Italien aufgefordert, das Einreiseverbot gegen 40 bis 50 deutsche Globalisierungskritiker aufzuheben. Aus der Haft entlassenen Gegnern des G-8-Gipfels in Genua war bei der Abschiebung aus Italien ein Formular ausgehändigt worden, nach dem sie fünf Jahre nicht wieder nach Italien einreisen dürfen.

Am Montag hatte das Auswärtige Amt in Berlin noch erklärt, nach Auskunft des Innenministeriums in Rom dürften die Betroffenen dennoch zurückkehren. Inzwischen habe Italien aber klargestellt, dass die Einreiseverbote gültig seien, sagte ein Außenamtssprecher gestern. Da es in der Regel keine Grenzkontrollen gebe, käme das Verbot erst bei Polizeikontrollen in Italien zum Tragen. Dann könnten die Betroffenen aber verhaftet werden. Dies sei für Deutschland nicht akzeptabel. Aus verschiedenen Gründen halte Deutschland die italienische Anordnung für rechtlich angreifbar und fordere deshalb die Rücknahme.

21 Deutsche sitzen noch in italienischer U-Haft. Bei einigen von ihnen stehen bis Montag Haftprüfungstermine an.

Der italienische Innenminister Claudio Scajola überstand gestern ein Misstrauensvotum im Senat. Die oppositionelle Linke hatte seinen Rücktritt gefordert, weil er für das harte Vorgehen der Polizei beim G-8-Gipfel politisch verantwortlich sei. Scajola kündigte an, im Falle „unangemessenen Verhaltens“ würden Sicherheitskräfte zur Rechenschaft gezogen. Eine gut 30-köpfige Untersuchungskommission aus Abgeordneten und Senatoren soll spätestens in zwei Monaten einen Bericht vorlegen.

Der grüne Europaparlamentarier Daniel Cohn-Bendit übte unterdessen Kritik am Verhalten der deutschen Regierung gegenüber den DemonstrantInnen von Genua. Außenminister Joschka Fischer irre, wenn er meine, der Protest käme im Gewand eines „abgestandenen linksradikalen Antikapitalismus“ daher. „Ich finde, wir sollten als Herrschende nicht so blöd daherreden, wie die damaligen Herrschenden“, sagte Cohn-Bendit mit Blick auf seine Jugend der Frankfurter Rundschau. „Wenn wir an Altersamnesie leiden – wie Innenminister Otto Schily – und nicht mehr wissen, dass es auch im Rechtsstaat eine Polizei geben kann, die sich verselbstständigt, und das nicht anprangern, machen wir uns schuldig an der europäischen Idee“, so Cohn-Bendit. „Unser Hauptaugenmerk muss sein, welche politische Antwort geben wir der Bewegung?“

In Österreich warf die Opposition der rechtskonservativen Regierung vor, sich nicht für die in Genua verhafteten Österreicher eingesetzt zu haben. Der ÖVP/FPÖ-Regierung sei es gar nicht unrecht, dass ihre Kritiker „in den italienischen Gefängnissen verschwinden“, befand der grüne Abgeordnete Johannes Voggenhuber. 16 Österreicher sitzen in Italien noch in U-Haft. OES/LKW