Erforschung des Dreidimensionalen

■ 20 Jahre „Die Welttraumforscher“: Ab heute eine Woche mit Filmen, Ausstellung und Konzert im Westwerk

Seit gut 20 Jahren erforscht Christian Pfluger alias Die Welttraumforscher seinen eigensinnigen Kosmos zwischen Pop-Art und niedlichem Elektro-Songwriting, filmischem Surrealismus und Multimedia. Das Westwerk widmet dem soeben von Zürich ins nordfriesische Herzhorn Gezogenen eine Einwöchige Jubiläumsausstellung. Nirgendwo sonst lässt sich dieser Tage wohl mehr über Kornkreise und geometrisches Liedgut erfahren.

taz hamburg: Wann hast du angefangen, Musik zu machen?

Christian Pfluger: Das war um 1979, da war ich 18. Wir hatten mit ein paar Freunden einen Übungsraum, da habe ich mit relativ einfachen Mitteln die ersten Skizzen gemacht. Im Sommer 1981 habe ich Die Welttraumforscher gegründet, weil ich eine Kassette machen wollte mit meinem Material. Das war so der Anfangspunkt, verschiedene Einflüsse: meine Kunstschul-Sache, wo Surrealismus und Dadaismus wichtig waren; Comics waren wichtig; dass ich viel in Schülerzeitungen mitgeschrieben habe.

Würdest du sagen, dass ihr damals Teil einer Szene wart?

Wir haben uns in Richtung Deutschland orientiert: die Neue Deutsche Welle, noch ganz früh, noch nicht die kommerzielle NDW. Das hat uns schon sehr interessiert. Es gab auch in der Schweiz so eine gewisse Szene mit deutschen Texten und New-Wave-Beeinflussung. Der große Einfluss war ja New Wave und Punk aus England, plus ein paar komische amerikanische Bands wie Pere Ubu, die Residents oder auch die Talking Heads und später B-52's.

Gab es denn da auch Kontakte?

Das waren natürlich große Helden, die man nicht erreichen konnte. Da gab es ja auch ganz obskure Sachen, das hat uns alles gut gefallen. Der erste Kontakt lief dann über die Kassettenszene. Die Zeitschrift Sounds, die damals in Hamburg produziert wurde, die habe ich gelesen und diese Kassettenseite entdeckt. Und da fand ich, aha, man kann mit einer Kassette schon mal einen Schritt wagen. An eine Platte war damals nicht zu denken.

Konzerte?

Es war ja ein Solo-Projekt von mir. Es gab einen Proto-Auftritt, wo wir zu viert in violetten Kutten und spitzen Hüten an einem Open Air etwas gemacht haben. Das waren aber nicht Leute von der Band, das waren drei Nichtmusiker. Da liefen Welttraumforscher-Hintergrundtapes, den Namen gab es aber noch nicht. Wir sind über den Rasen gelaufen, in den See, und weggeschwommen. Die ersten durchdachten, längeren Auftritte waren dann 1991/92 als Trio. In ziemlich genau einem Jahr haben wir etwa zehn Konzerte gegeben und eine Radio-Session gemacht.

Waren die anderen Arten von künstlerischer Arbeit von Anfang an dabei?

Ich bin nach der 9. Klasse in die Kunstschule nach Zürich gegangen, das war ein großer Einschnitt, 1979. Wir waren die einzigen, die sich nicht für Diskos, Motorräder und Hasch und nur beschränkt für Mädchen interessierten – oder nicht so aktuell waren bei den Mädchen. Wir haben uns für Dada interessiert, haben auch viel gemacht. Auch das Moniflabel, das Hauslabel der Welttraumforscher, wurde eigentlich gegründet für Kunstaktionen. Das ist alles zusammengekommen an dem Punkt, wo Die Welttraumforscher kamen. Das war der Knotenpunkt. Die ers-ten zwei, drei Jahre war das Zeichnen ebenso wichtig wie die Musik oder das Schreiben, Fotoprojekte oder Filme. Die Filme, die jetzt gezeigt werden, sind größtenteils aus den frühen 80ern. Ich möchte das auch wieder mehr aufgreifen, dieses Multimediale – die Forscher sagen „die Erforschung des Dreidimensionalen“ dazu. Ich habe mich jetzt für ein Jahr in Hamburg entschieden, weil ich das Gefühl habe, hier ist ein Umfeld, das mir sehr entgegenkommt. Jetzt möchte ich den Versuch machen, hier aktiv zu werden. Ich möchte mehr live spielen und eine neue Platte machen.

Würdest du sagen, dass du auf mediale oder technische Innovationen reagierst?

Mitte der 80er habe ich mich sehr für Computer interessiert, aber es war noch nicht soweit. 1987 kam das Theater, und das hat einen seltsamen Einfluss auf mich gehabt: Ich habe immer das Gefühl gehabt, ich bin nicht mehr an den Trends dran. Ich habe vom Internet zum Beispiel Ende 95 zum ersten Mal gehört. Und dann ist es an mir vorbei gezogen. Vor eineinhalb Jahren habe ich mir gedacht, jeder ist im Netz, und eigentlich wäre das doch ideal für die Forscher. Und seitdem lässt mich der Gedanke an eine CD-Rom auch nicht los. Ich habe mir viele Gedanken gemacht, wie die Forscher sich präsentieren würden: als Computerspiel oder als Landschaft ... ich arbeite mich ein.

Was wird in der Ausstellung zu sehen – außer Filmen?

Zeichnungen und Bilder aus diesen 20 Jahren. Zum Beispiel Cover, das sind alles Originalbilder, die zum Teil auch größer sind. Aber auch unveröffentlichte Zeichnungen, Skizzen, ich bin selber gespannt. Ich habe auch noch Sachen extra für die Ausstellung fertig gemacht. Richtig schön präsentierbares Material gibt es nicht so viel. Ich bin nicht so ein fleißiger Mensch gewesen. Es ist einfach das, was in diesen 20 Jahren zu Ende gebracht wurde.

Interview: Alexander Diehl

Eröffnung mit S-8-Filmen: heute, 19 Uhr; Finissage mit Konzert (Gast: Günter Reznicek/Nova Huta): 10.8., 21 Uhr; Ausstellung tägl. 14–18 Uhr, Westwerk, Admiralitätsstr. 74