Keine Stempel, die abstempeln

Datenschutzbeauftragter rügt: Atteste verraten Arbeitgebern zu viel  ■ Von Sandra Wilsdorf

Der Datenschutzbeauftragte warnt: Gelbe Scheine verraten oft mehr, als sie dürfen. Denn laut Sozialgesetzbuch sollen sie nur Auskunft darüber geben, dass ein Mitarbeiter nicht arbeitsfähig ist. Wa-rum, geht den Arbeitgeber nichts an. Der kommt aber unerlaubterweise ins Grübeln, wenn die Krankmeldung vom Neurologen, Psychiater oder plastischen Chirurgen abgestempelt ist. Als „überflüssig und datenschutzwidrig“, rügt der Hamburgische Datenschutzbeauftragte Hans-Hermann Schrader die Stempel, die Fachgebiete der Ärzte verraten.

Anlass für seine Kritik ist der Stempel der „Drogenambulanzen Hamburg GmbH“ sein. In Altona, Wandsbek und Harburg substituiert das Tochterunternehmen des städtischen Landesbetriebes Krankenhäuser (LBK) Drogenabhängige mit Methadon. Zu deren Weg zurück in ein soziales Umfeld gehört auch ein Arbeitsplatz. Der aber kann gefährdet sein, wenn der Arbeitgeber so von der Sucht seines Mitarbeiters erfährt. „Die Drogenambulanzen behelfen sich jetzt, indem sie die Patienten zu einer benachbarten Arztpraxis schicken, aber das ist ja nur eine Notlösung“, sagt Schrader.

Aber eine andere zeichnet sich noch nicht ab: Denn der LBK will zwar den Stempel ändern, die Kassenärztliche Vereinigung (KV) aber beruft sich auf Bundesgesetze: „Der Stempel muss Auskunft über Namen und Facharztbezeichnung oder eben Vertragsnamen des Instituts oder der Ambulanz geben“, sagt eine Mitarbeiterin. Das könne man nur über den Bundesmantelvertrag ändern.

Diesen Weg will Schrader gehen und hat sich deshalb an seinen Kollegen, den Bundesbeauftragten für Datenschutz gewandt. Er fordert aber auch die Hamburger Kassen und die KV auf, ihren Vertrag so zu modifizieren, dass Arztstempel nicht länger Datenschutzrechte der Patienten verletzen.

Schrader hat allerdings nicht nur Mediziner im Visier: Hamburgs Unternehmen werden in Zukunft stärker auf ihren Umgang mit Daten untersucht. Bisher seien jährlich rund 40 Firmen überprüft worden, „künftig werden es einige hundert sein“, kündigte er an. Der Hamburger Datenschutz wurde um eine Stelle aufgestockt, und außerdem erlaubt ein neues Gesetz eine systematische Datenschutzaufsicht. Bisher wurde nur kontrolliert, wenn ein Verdacht vorlag, entweder aufgrund von Medienberichten oder von Eingaben.

Um die Sache effizienter zu machen, entwickeln Schrader und seine Kollegen ein Softwareprogramm, dass die Prüfung von Internet-Auftritten erleichtern soll. Schrader weist außerdem darauf hin, dass eE-Mails dem Fernmeldegeheimnis unterliegen. Erlaubt ein Arbeitgeber privates Mailen grundsätzlich, sind alle Mails für ihn tabu. Es wäre keineswegs zulässig, wenn er heimlich die private E-Mail-Korrespondenz überwachen würde, sagt Schraders Stellvertreter Peter Schaar und empfiehlt klare Regelungen.