Castor-Protestler stecken im Urlaub

■ Zum ersten Mal seit zwei Jahren fuhr ein Atomzug durch Bremen – völlig ungehindert

Der Bundesgrenzschutz war zufrieden: „In Bremen hatten wir keine Probleme“, sagt Sprecher Andreas Bebensee. Da war doch tatsächlich ein Atommülltransport aus den Kraftwerken Brunsbüttel und Stade auf dem Weg zur französischen Wiederaufarbeitungsanlage La Hague durch die Umleitung bei Sagehorn geschickt worden – und nur ein versprengtes Bremer Trüppchen hatte protestiert: An der Weserbrücke bei Dreye entrollten Greenpeaceler ein Plakat. Der Castor rollte einfach weiter.

Der Protest liegt offenbar lahm. Kaum eine Spur von der geballten Wut, mit der Leute von der Bremer „Messstelle für Arbeits- und Umweltschutz“ vor fünf Jahren noch Hakenkrallen für Castor-Schienen gebastelt hatten. Kaum eine Spur von der Entschlossenheit, mit der sich auch Bremer Castor-Gegner vor kurzem noch an Gleise ketteten – und dafür saftige Schadensersatzforderungen der Bahn kassierten.

„Seit zwei Jahren ist kein Castor mehr durch Bremen gefahren“, ärgert sich Karin Mathes, umweltpolitische Specherin der Bremer Grünen. Mathes: „Damals haben wir wie wild telefoniert“, um die Strecke herauszubekommen.“ Das ist diesmal unterblieben. Die Grünen und andere haben sich den Transport, der auf seinem gesamten Weg weitgehend unbehelligt durch Deutschland rauschte, einfach durch die Lappen gehen lassen.

Dennoch ist Mathes sauer: „Die Strecke durch Bremen ist nicht die mit dem geringsten Risiko.“ Die Protest-Unlust spiegele aber „die Machtlosigkeit“ der AKW-Gegner wider. Immerhin waren – völlig arbeitslos – auch diesmal wieder Hundertschaften des Bundesgrenzschutzes auf Bremer Gebiet abgeordnet, um den Zug zu schützen.

Natürlich seien Atom-Austieg und Transport-Sicherheit auch weiter große Themen der Öko-Partei, betont Mathes. „Aber ich habe ja nichts vom Castor geahnt.“ Der geringe Widerstandswillen habe bestimmt auch damit zu tun, dass viele Protestler derzeit in Ferien seien. Mathes: „Die Urlaubszeit spielt gewiss eine Rolle.“

„Es gibt Ermüdungserscheinungen“, meint auch Veit Bürger von Greenpeace. Schon beim Castor-Transport vom AKW Unterweser vor ein paar Wochen hatte es kaum Widerstand gegeben. Dennoch bereitet sich Greenpeace auf weitere Kampagnen vor. Bürger: „Im Herbst steht noch ein Gorleben-Transport bevor.“ Die Grüne Mathes will „parlamentarisch was starten, damit der Castor nicht erneut durch Bremer Gebiet fährt. Das darf nicht nochmal passieren.“ Immerhin, so meint Greenpeace-Mann Bürger, „war der Castor in der ,Tagesschau' – das reicht.“ ksc