Klotz findet Gysi unzumutbar

Grüne Spitzenkandidatin spricht PDS mögliche Regierungsfähigkeit ab, warnt vor Rot-Rot und will Ampelkoalition nicht ausschließen. Aufforderung an Koalitionspartner SPD zum „Kassensturz“

von ROLF LAUTENSCHLÄGER

Mit ein paar Nadelstichen gegen eine mögliche rot-rote Koalition und gegen den Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) hat die grüne Spitzenkandidatin Sibyll Klotz vor einer Revision des rot-grünen Bündnisses nach der Wahl am 21. Oktober gewarnt. Nach Ansicht von Klotz darf die PDS in der kommenden Regierung keine führende Rolle spielen. Grüne und SPD hätten sich mit ihrem Entschluss nicht leicht getan, mit der PDS zusammenzuarbeiten. Auch das Ansinnen von SPD-Bundes- und -Landespolitikern, auf Rot-Rot zu setzen, oder gar Gregor Gysis Anspruch, ins Rote Rathaus einziehen zu wollen, seien der Stadt „nicht zuzumuten“, so Klotz. Stattdessen müsse alles dafür getan werden, die rot-grüne Koalition fortzusetzen. Eine Ampelkoalition von SPD, FDP und Grünen, wollte Klotz dagegen nicht ausschließen. Vorher müsste sich aber die FDP erst einmal „inhaltlich und programmatisch“ positionieren. Bisher sei dies „dürftig“ ausgefallen.

Kritik übte die bündnisgrüne Fraktionschefin am SPD-Sanierungskurs für den Haushalt, der gegen die bestehende Koalitionsvereinbarung verstoße. Nach Meinung der Grünen sei es „absolut unumgänglich“, dass ein „Kassensturz“ gemacht werde, um die Stadt mittelfristig aus dem Finanzloch herauszuführen. Es sei mit Wowereit verabredet, dass das Sparkonzept alle „bislang nicht aufgelisteten Haushaltsrisiken“ enthalten müsse.

Der Regierende Bürgermeister hatte am Mittwoch gesagt, der Kassensturz sei mit der Verabschiedung des Nachtragshaushalts in Höhe von 830 Millionen Mark bereits erfolgt. Es gebe offensichtlich unterschiedliche Auffassungen darüber, was ein Kassensturz sei.

Für Sibyll Klotz beinhalten die zusätzlichen Risiken einen Betrag von rund 40 Milliarden Mark. Die Summe ergebe sich aus verdeckten Schulden wie beispielsweise aus Defiziten bei den Entwicklungsgebieten, dem Privatisierungsverfahren für den Flughafen Schönefeld oder der Bewertung der Wasserbetriebe. „Die Auflistung dieser Fehlbeträge ist Voraussetzung für die Politik der Koalition“, sagte Klotz. Sie warnte die SPD davor, sich von diesen ‚Essentials‘ zu verabschieden. Nur so könne das von der rot-grünen Koalition anvisierte Sanierungskonzept zum Erfog geführt werden.

Für Differenzen in der Regierungskoalition dürfte auch die Ankündigung der grünen Verkehrsexpertin Felicitas Kubala sorgen, die die Autofahrer in der Stadt deutlich zur Kasse bitten will. Es gebe „reichlich Handlungsbedarf“ bei den Themen privater Autoverkehr und öffentlicher Personennahverkehr. So sollten Pkw-Fahrer zukünftig mindestens „das Doppelte“ für Parkscheine in den Haltezonen bezahlen müssen, sagte Kubala. Zugleich müsste das Ticket für U-Bahn, S-Bahn und Bus auf „deutlich unter 4 Mark“ gedrückt werden. Nur so könne der steigende Autoverkehr in der Innenstadt gebremst werden. Erst vorgestern hatten die Berliner Verkehrsbetriebe ihre Preise wieder erhöht. Die Einzelfahrt kostet 4,20 Mark.