genfer vorbereitungstagung zur antirassismuskonferenz der uno

EU stellt fest: Kolonialismus hatte auch sein Gutes

Die Europäische Union hat sich besonnen – zum Schlechteren. Bei der Genfer Vorbereitungstagung für die Anfang September beginnende Antirassismuskonferenz der UNO im südafrikanischen Durban hat die EU in einem zentralen Streitpunkt ihre Haltung revidiert.

Sie unterstützt jetzt einen kanadischen Vorschlag, wonach im Abschlussdokument von Durban zwar „Sklaverei und Sklavenhandel“ ohne Einschränkung als Verbrechen der Vergangenheit verurteilt werden sollen, nicht aber der „Kolonialismus“ als solcher. Dies war bis Ende Juni noch von der schwedischen EU-Präsidentschaft im Namen der Union befürwortet worden. Jetzt sollen allerhöchstens noch „einige Aspekte des Kolonialismus“ negativ bewertet werden.

Der Sinneswechsel hängt mit dem Wechsel der EU-Präsidentschaft zusammen. Am 1. Juli begann die belgische Halbjahresperiode an der Unionsspitze. Belgien, das wie die EU-Mitglieder Großbritannien, Frankreich und Spanien seine letzten Kolonien erst in den 60er Jahren des letzten Jahrhunderts aufgegeben hat, vertritt die Auffassung, der Kolonialismus habe den ehemaligen Kolonialvölkern in Afrika, Asien und Lateinamerika auch „viel Gutes gebracht“.

Dieser Haltung haben sich Deutschland und die übrigen EU-Staaten inzwischen angeschlossen. Scharf kritisiert wurde der Positionswechsel vom „Forum Menschenrechte“, dem Zusammenschluss von über 40 deutschen Nichtregierungsorganisationen (NRO). „Hier wird polarisiert und die Weltkonferenz in Frage gestellt“, erklärte Nils Rosemann, Vertreter des Forums bei der Genfer Vorbereitungstagung.

ANDREAS ZUMACH/GENF