Rotes Kreuz speckt ab

Outsourcing und Hausverkauf sollen Verband aus Finanzmisere retten. Entlassungen sind möglich

von YVONNE GLOBERT

Der Patient liegt auf der Intensivstation, aber sein Zustand ist einigermaßen stabil. Mit Blick auf den mit rund 100 Millionen Mark überschuldeten Landesverband Berlin des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) hieß das gestern für Insolvenzverwalter Udo Feser: „Wir sind erst mal liquide.“ Jetzt wird abgespeckt und umstrukturiert.

Geld soll durch den Verkauf von Immobilien in die Kassen fließen. Angebote lägen bereits vor. Darüber hinaus erwägt der Wohlfahrtsverband, Psychiatrie und Kindertagesstätten, in denen rund 370 Mitarbeiter beschäftigt sind, abzustoßen. Sie sollen möglichst unter DRK-Trägerschaft bleiben. Dagegen müssen die 39 Beschäftigten der Landesgeschäftsstelle mit Entlassungen rechnen.

Das Sanierungskonzept der Unternehmensberatung Ernst & Young bezeichnete Feser als „unbrauchbar“. Bleibt fraglich, warum dann seit 1999 nach genau dieser Vorlage 400 Mitarbeiter entlassen werden mussten. Feser kritisierte auch Managementfehler: Allein eine neue Verwaltungssoftware habe monatlich 40.000 Mark verschlungen. Seine 75 Immobilien habe der Verband bei weitem nicht für eigene Zwecke nutzen können. Den Leiter des Rechnungswesens hat Feser entlassen, weil dieser Treuhandmittel auf normale Konten überführt haben soll. Dieser müsse jetzt mit strafrechtlichen Folgen rechnen.

Verlierer sind ehemalige Mitarbeiter, die seit Monaten auf eine Abfindung warten. Feser hat einen Vergleich beim Arbeitsgericht gestoppt. Statt einer Abfindung steht ihnen jetzt nur ein Teil aus der Gesamtsumme zu, die unter den Gläubigern aufgeteilt werden soll.

Verloren haben auch die Kreisverbände. Sie hatten Personal und Leistungsbereiche übernommen. Dafür sollten ihnen Immobilien zugesprochen werden. „Jetzt haben sie keinen Anspruch mehr darauf“, so Feser.

Bislang ist die Rettungsaktion eine Rechnung mit mehreren Unbekannten: Die endgültige Zahl aller Gläubiger wird auf 4.500 geschätzt. Allein ein Pensionssicherungsverein, der rückwirkend Betriebsrenten an ehemalige Mitarbeiter auszahlt, erhebt Anspruch auf 94 Millionen Mark. Ein Gläubigerausschuss entscheidet in den nächsten Wochen über das endgültige Sanierungskonzept.