IRA-Abspaltung bombt wahllos in London

„Real IRA“ zündet Autobombe bei U-Bahn-Station pünktlich zum 101. Geburtstag der Königinmutter

DUBLIN taz ■ Bei der Explosion einer Autobombe in London sind gestern kurz nach Mitternacht sieben Menschen verletzt worden. Verantwortlich dafür ist die Real IRA, die sich 1998 von der Irisch-Republikanischen Armee (IRA) abgespalten hatte. Keiner der Verletzten schwebt in Lebensgefahr, doch das ist purer Zufall. Die Uxbridge Road in der Nähe der U-Bahn-Station Ealing Broadway im Westen Londons, wo der Saab mit der 40 Kilogramm schweren Bombe abgestellt war, ist wegen der vielen Bars und Restaurants bei jungen Leuten ein beliebter Treffpunkt.

Die Bombenwarnung kam erst eine halbe Stunde vor der Explosion und war darüber hinaus ungenau. Der Anrufer, der ein Kennwort benutzte, das der Polizei bekannt ist, behauptete, die Bombe befinde sich in der Ealing Broadway Road. Diese Straße gibt es nicht. Über den Zeitpunkt der Explosion sagte er nichts. So waren viele Menschen nach Kneipenschluss auf dem Nachhauseweg, als die Bombe explodierte. Zahlreiche Gebäude wurden schwer beschädigt, und dann wurde das Viertel auch noch überflutet, weil mehrere Wasserrohre geplatzt waren.

Der britische Premierminister Tony Blair, der zur Zeit auf Staatsbesuch in Mexiko ist, bezeichnete den Anschlag als „falsch und sinnlos“. Sein Sprecher fügte hinzu: „Er glaubt, dass Gewalt jeder Art falsch und sinnlos sei.“ Gerry Kelly von Sinn Féin, dem politischen Flügel der richtigen IRA, sagte: „Mit dem Anschlag will man versuchen, alle unsere Bemühungen zu untergraben, die Situation voranzubringen.“ Der Sinn-Féin-Vorstand traf sich gestern in dem kleinen Ort Castlebellingham nahe der nordirischen Grenze, um über den Vorschlag zur Rettung des Friedensprozesses zu beraten, den die Regierungen in London und Dublin am Mittwoch vorgelegt hatten.

Alan Fry, Chef der Anti-Terrorismus-Einheit der Londoner Polizei, vermutete, dass der Anschlag auch mit dem Geburtstag der Königinmutter zusammenhängen könne. Sie wird heute 101 Jahre alt.

Erst am Mittwoch hatte die Armee eine 20 Kilogramm schwere Bombe der Real IRA auf dem Belfaster Flughafen entschärft. Jeffrey Donaldson von der protestantischen nordirischen Ulster Unionist Party verlangte von Blair, dass er angesichts der „wachsenden terroristischen Bedrohung“ die Armeepräsenz in Nordirland nicht abbaue, wie im Regierungsplan vom Mittwoch vorgesehen, sondern die Sicherheitsmaßnahmen verstärke.

RALF SOTSCHECK