Vom Hof in den Himmel

Rupert Murdoch braucht den Anbieter DirecTV für sein weltweites Netz, doch Konkurrent Echostar bietet nach Kräften mit: Der Machtkampf um das US-Satellitenfernsehen ist damit voll entbrannt

Murdochs Aktionäre bekommen langsam kalte Füße: Was wird aus Sky Global?

von ARNO FRANK

Charlie und Rupert mögen sich nicht. 1980 verkaufte Charlie noch Satellitenschüsseln, in einem Hinterhof in Littleton, zusammen mit seiner Frau Candy und seinem Kumpel Jim. Da war Rupert gerade damit beschäftigt, sich nach dem australischen auch das britische Pressewesen unter den Nagel zu reißen – mit Unterstützung seiner Freundin Maggie Thatcher. Heute streiten sich Charlie Ergen und Rupert Murdoch um einen der profitabelsten Medienmärkte der Welt: das boomende Satellitenfernsehen der Vereinigten Staaten.

Ziel aller Begehrlichkeiten ist DirecTV, der größte US-Anbieter von Satellitenfernsehen mit derzeit zwölf Millionen Abonnenten. DirecTV gehört einer General-Motors-Tochter (Hughes Electronics) und soll verkauft werden. Kaufen würde es gerne Rupert Murdoch, dem der potente Anbieter als Herzstück seines weltweit geplanten Sky Global Networks gerade recht käme. Seit über zwölf Monaten schachert sein US-Ableger News Corporation mit GM um eine Übernahme von DirecTV – bisher ohne Erfolg, obschon Murdoch über 150 Milliarden Mark geboten haben soll. Seit gestern liegt dem umtriebigen Automobilkonzern nun auch ein Angebot der Echostar vor, dem zweitgrößten Anbieter von Satellitenfernsehen.

Echostar-Chef Charlie Ergen will rund 70 Milliarden Dollar für DirecTV hinblättern. Ein entsprechendes Angebot ist den GM-Aktionären bereits unterbreitet, der schwelende Kampf um die Macht über das US-Satellitenfernsehen ist entbrannt.

Allein die Ankündigung, dass General Motors überhaupt mit Echostar in Verhandlungen treten würde, ließ im Mai die DirecTV-Aktie um 2,3 Prozent in die Höhe schnellen. Zuvor war bezweifelt worden, dass die Schüsselverkäufer aus Littleton überhaupt liquide genug seien, um den Marktführer zu schlucken. Ursprünglich wollte Echostar im Verein mit den Medienriesen AOL Time Warner und General Electric für DirecTV bieten – nun sieht alles nach einem Aktientausch aus.

Und der könnte von Erfolg gekrönt sein: Von einem Deal mit Ergens Echostar versprechen sich die Hughes-Aktionäre nicht nur bessere Synergieeffekte, sondern auch die fetteren Prämien. Bekäme dagegen Murdoch den Zuschlag, dann würde DirecTV in dessen News Corporation aufgehen – was Aktionäre und Management gar nicht so gerne sehen würden. Unter Druck und Zugzwang ist nun vor allem Murdoch, der die Branche (und seine eigenen Aktionäre) ein Jahr lang mit vollmundigen Ankündigungen in Atem gehalten hatte.

Im Boomjahr 2000 hatte er mehrfach angekündigt, DirecTV auf jeden Fall aufzukaufen. Wenn die Manager von Hughes Electronic nicht mitspielten, dann würde er eben General Motors kaufen – komplett, um sich DirecTV als Filetstückchen herauszuschneiden. Und falls gar nichts ginge, dann werde er sich eben den zweitgrößten Anbieter unter den Nagel reißen: Charlie Ergens Echostar.

Nach dem Ende der New-Economy-Euphorie sind die Karten aber neu gemischt: Kürzlich legte Murdochs britisches Mutterhaus BSkyB seine Bilanzen vor, und die waren alles andere als rosig – unter anderem deshalb, weil er mit über 22 Prozent bei Leo Kirchs verschuldeter Pay-TV-Plattform Premiere World beteiligt ist.

Kein Wunder, dass Murdochs Aktionäre kalte Füße bekommen. Kein Wunder auch, dass damit sein Projekt gefährdet ist, die ganze Welt mit seinem Pay-TV-Sendernetz Sky Global zu überziehen – wenn er sich nicht endlich im US-amerikanischen Markt etablieren kann. Dass Murdoch nun ein neues Angebot für DirecTV aus dem Ärmel zieht, wird von Analysten bezweifelt. Aber auch Charlie Ergen könnte sich zuletzt selbst ein Bein gestellt haben: Um einen möglichen Merger aus DirecTV und Murdochs News Corporation zu verhindern, hatte Ergens Echostar Klage eingereicht und auf das US-amerikanische Kartellrecht gepocht – das ja schon im Fall Microsoft die Muskeln hatte spielen lassen.

Bob Sherman vom Branchenblatt Satellite Business News sieht daher Parallelen zum nun anstehenden Deal zwischen DirecTV und Echostar: „Dem wird die Regierung nicht zustimmen“, schrieb er, „selbst wenn die Republikaner fünfzigmal konservativer wären, als sie sind.“

Dass die Bush-Administration im Fall von Microsoft inzwischen hat Gnade walten lassen, spräche zwar für den kartellrechtlich umstrittenen Echostar-Coup. Wäre da nicht Ergens alte Klageschrift gegen DirecTV/News Corporation, die sich nun auf ihn selbst und seine eigenen Kaufabsichten anwenden lässt. Der Streit zwischen Charlie und Rupert wird also womöglich von George W. entschieden.