Slowakei vor neuer Regierungskrise

Aus Verärgerung über eine Verwaltungsreform wollen die Vertreter der Ungarn die Regierung verlassen. Für Premier Dzurinda wird es eng. Auch ein anderer Koalitionspartner, die Demokratische Linke, kungelt schon mit der Opposition

PRAG taz ■ Der Slowakei droht ein neues politisches Erdbeben. Aus Unzufriedenheit mit einer jüngst erfolgten Verwaltungsreform hat die „Partei der Ungarischen Koalition“ (SMK) ihren Abschied von der Regierungskoalition angekündigt. Die SMK, die sich als Vertreter der rund 600.000 Ungarn in der Slowakei sieht, hat ihren Verbleib in der Regierung an drei Bedingungen geknüpft. Sauer aufgestoßen ist den Ungarn vor allem, dass die Verwaltungsreform nur acht, anstelle der geplanten zwölf Kreise geschaffen hat und dass Wahlen zur Kreisverwaltung in zwei Wahlgängen abgehalten werden sollten. Außerdem fordern sie die Regierung auf, das Prinzip der Selbstverwaltung in den Kreisen zu stärken. Der wahre Grund für die Regierungsmüdigkeit der Ungarn scheint aber zu sein, dass ihr Vorschlag zur Dezentralisierung der Verwaltung abgelehnt wurde.

Wenig Nutzen brachte ein Treffen der Regierungskoalition Ende vergangener Woche. Während die Ungarn auf ihren Forderungen beharren, kündigte Premier Dzurinda schon an, dass diese keinesfalls erfüllt werden können. „Es ist zwar der Willen der Koalition, eine gemeinsame Lösung zu finden“, versicherte Dzurinda. Wie diese aber aussehen soll, weiß er selbst nicht.

Der Premier hat einen schweren Stand. Seine Regierung umfasst fünf Parteien, die im Hinblick auf die Wahlen 2002 ihre eigene Politik betreiben. So begann die „Partei der Demokratischen Linken“ (SDL) im Juni mit der „Bewegung für eine demokratische Slowakei“ (HZDS) des einstigen Karpato-Hierarchen Vladimir Meciar zu klüngeln. Der ist der Regierung ein Dorn im Auge.

Sollte Dzurinda bis zu den nächsten Wahlen regieren, könnte das eine Qual für ihn und seine Christdemokratische Partei werden, glauben slowakische Politologen. Wahrscheinlicher ist, dass die Koalition ohne die Ungarn nicht weiterregieren kann. Schon munkelt man, die Regierung werde einen Oppositionsvertrag mit der SMK schließen, sobald sich diese offiziell in die Opposition verabschiedet hat.

Auch international hätte der Abgang der Ungarn ein Echo. Allein die Präsenz der Minderheitenpartei in der Regierung hat der Slowakei, die sich um Mitgliedschaft in EU und Nato bemüht, einige Punkte gebracht.

Inzwischen hat sich auch Budapest eingeschaltet. Die Situation der ungarischen Minderheit beeinflusse die bilateralen Beziehungen, erklärte Ungarns Premier Viktor Orban. „In der Slowakei sagen die Ungarn ihre Meinung. Sie glauben, dass in einer sehr wichtigen Frage, eine Entscheidung getroffen wurde, die den Ungarn schadet“, sagte Oraban weiter. Für die Zukunft bleiben ihm nur gute Wünsche: „Ich wünsche, dass die Ungarn in dieser schweren Situation eine kluge Entscheidung treffen“, sagte er. „Wie auch immer diese ausfällt, unsere Regierung wird sie unterstützen.“ ULRIKE BRAUN