Gestern im Gericht
: Mädchen für alles

■ Knast-Freigänger jobbte im Bordell

Was macht eigentlich ein „Mädchen für alles“ in einem Bordell? Dieser Frage musste gestern Strafrichter Friedrich Wulf im Prozess gegen Michael Tubb (Name geändert) nachgehen. „Beihilfe zur Förderung der Prostitution“ lautete der Vorwurf. Und Tubb war geständig – schließlich hatte er ein Jahr lang in einem als Saunaclub getarnten Puff gearbeitet. Eigentlich hatte er jedoch nur Knast-Freigang bekommen, um in einem nicht ganz so „sittenwidrigen“ Gewerbe zu arbeiten: einem Autohaus. „Das ist schon ein dickes Ei“, meinte Richter Wulf – „im Stillen fragte ich mich auch, ob das O.K. ist“, räumte Sünder Tubb reuig ein.

Eigentlich hatte er wegen Dealens im großen Stil sieben Jahre Knast aufgebrummt bekommen. Doch die Chance, als Freigänger arbeiten zu dürfen, nahm er nicht ganz ernst. Lieber jobbte Tubb im gleichen Haus im Saunatreff.

„Die Mädchen rennen da nicht nur so mit dem Handtuch rum, das war ein bordellartiger Betrieb“, sagte Wulf. Der Richter hatte sich schlau gemacht: „100 Mark Pauschalpreis, Duschen und Saunen ist obligatorisch“. Über die Rolle von Tubb in der Sauna wurde man sich nicht völlig einig, Fichtennadel-Aufgüsse vor schwitzendem Publikum hat er jedoch keine gemacht. In von der Polizei abgehörten Telefongesprächen sollte Tubb sich um unterschlagenes Geld kümmern, andere Quellen bezeichneten ihn als „Geschäftsführer“ des Sauna-clubs mit 5.000 Mark Lohn im Monat. „Ich war Mädchen für alles“, sagte Tubb. Aber mehr als eine halbe Stunde pro Tag habe er nicht im Bordell gearbeitet. Er habe Anzeigen („Party im Saunaclub in der Fritz-Thiele-Straße“) aufgegeben, ab und zu sei er zu Allkauf gefahren, „mal habe ich hier was gestrichen, da was repariert – so als Hausmeister.“ Dafür habe er pro Auftrag bis zu 800 Mark erhalten. Außerdem hat Tubb sich um die Sorgen der Huren gekümmert, zuhörenderweise: „Ich war Seelentröster“.

„Normalerweise würde ich des Verfahren einstellen“, sagte Staatsanwalt Ingo Seidel. „Aber aus dem Knast heraus: Das ist das Kriminelle!“ Richter Wulf seufzte tief und verhängte eine Strafe von neun Monaten auf Bewährung. Staatsanwalt Seidel: „Und wenn wieder was passiert, ist der Ofen aus.“ ksc