Gegen Teufel, Papst und Zölibat

Der katholische Erzbischof Milingo aus Sambia, Exorzist und Jungvermählter, kämpft gegen seine Exkommunikation

BERLIN taz ■ Am 20. August ist es aus für Erzbischof Emmanuel Milingo. Wenn er nicht bis dahin drei Bedingungen erfüllt, schließt der Vatikan den 71-jährigen Sambier aus der katholischen Kirche aus. Die Bedingungen: Milingo soll sich von seiner Frau trennen, die er im Mai bei einer Massenhochzeit der koreanischen Mun-Sekte geheiratet hatte; er soll sich von Sektenführer Mun und seiner Kirche „Family Federation for World Peace and Unification“ distanzieren; und er soll die katholische Zölibatsdoktrin akzeptieren.

„Arrogant“ nennt das der Erzbischof Milingo, eine der schillerndsten Figuren des afrikanischen Katholizismus. Geboren 1930, wurde er 1969 einer der jüngsten Bischöfe des Kontinents und leitete bis 1983 die Erzdiozöse von Sambias Hauptstadt Lusaka. 1983 versetzte der Vatikan ihn nach Italien an ein Migrationskomitee. Der Grund: Er hatte als Exorzist Aufsehen erregt. Die im katholischen Glauben sanktionierte Teufelsaustreibung, die in Europa weithin in Vergessenheit geraten ist, praktizierte er in Sambia mit großem Erfolg. „Am 23. April 1973 entdeckte ich fast zufällig, dass ich mit der Gabe der Heilung gesegnet war“, sagte er selber dazu. Mit seinen unkonventionellen Methoden zog er das Missfallen des Vatikan auf sich. „Rom schien unfähig zu sein, zu begreifen, dass diese spirituellen Gaben in seiner jungen afrikanischen Kirche von Gott stammen könnten“, so Milingo. „Sie nannten mich einen Hexendoktor und verunglimpften die Antwort des Volkes als Voodoo.“

In Italien sei der Satanismus viel stärker als in Sambia, konstatierte er nach seiner Versetzung und machte unbekümmert weiter. Das hätte den Vatikan vermutlich wenig gekümmert, hätte Milingo nicht auch noch angefangen, das priesterliche Zölibat zu kritisieren – und am 27. Mai dieses Jahres „unter dem Kommando Jesu und der Unterstützung des Rev. und Mrs. Sun Myuung Moon“ die koreanische Akupunkteuristin Maria Sung zu heiraten. „Da Gott männlich und weiblich ist, können wir nur als Paar seine Natur vollständig widerspiegeln“, argumentierte er. Das Zölibat in der Kirche sei wie der Blinddarm im Menschen: entweder ruhig und überflüssig – oder gefährlich und zu entfernen. Theologisch geschickter argumentierte er, der Schwur der Keuschheit sei nicht gebrochen, da er als 71-Jähriger nach der Hochzeit keinen Geschlechtsverkehr hatte. Seine Tat würde als „Weckruf für die Kirche beim Eintritt in ein neues Jahrtausend“ dienen, hoffte Milingo.

Die Kirche wachte auf – aber anders. Die sambischen Katholiken erklärten seinen Ausschluss aus ihren Reihen. Der Vatikan erklärte, Milingo sei wohl Opfer einer Gehirnwäsche geworden, und stellte ihm ein Ultimatum.

Der Sambier schlug empört zurück: „Die katholische Kirche steckt voller Unmoral“, erklärte er. „Geheime Affären und Hochzeiten, illegitime Kinder, wuchernde Homosexualität, Pädophilie und illegaler Sex durchziehen die Priesterschaft . . . In meinem heimatlichen Sambia ist die Sterberate viermal höher als die Geburtenrate, wegen Aids. Von wo soll Heilung kommen? Wir müssen ehrlich sein.“

Am Montagabend tauchte der Sambier unerwartet beim Papst auf und verbrachte eine halbe Stunde hinter den Toren von dessen Sommerresidenz Castelgandolfo. Sprach er mit Johannes Paul II. oder wurde er abgewimmelt? DOMINIC JOHNSON