Grüne sägen am Wehrdienst

Abgeordneter Nachtwei: Dienst auf 6 Monate verkürzen. Gerechtere Lastenverteilung gefordert. SPD-Politikerin: keine Gefahr in Freiwilligenarmee

BERLIN taz ■ In die Debatte um die Wehrpflicht ist Bewegung gekommen – mal wieder.

Nachdem sich in den letzten Tagen zwei führende SPD-Politiker für eine Freiwilligenarmee stark machten, sprach sich jetzt der grüne Verteidigungspolitiker Winfried Nachtwei für eine weitere Verkürzung des Wehrdienstes auf sechs Monate aus. Im Rahmen der Bundeswehrreform ist eine Verkürzung auf neun Monate geplant. Perspektivisch setzen auch die Grünen auf eine Abschaffung der Pflicht, Soldat zu werden. „Selbst viele Befürworter halten die Wehrpflicht inzwischen nicht mehr für haltbar“, sagte Nachtwei gestern der taz, „sie mag zwar nützlich für die Nachwuchsgewinnung sein, aber unverzichtbar ist sie nicht mehr.“ Damit entfalle der Grund für einen so schweren Eingriff in die Rechte junger Männer.

Ähnlich argumentiert die stellvertretende SPD-Vorsitzende Renate Schmidt. Die Aufgabe der Bundeswehr sei heute nicht mehr vorrangig die Landesverteidigung, sondern die „Beteiligung an internationalen Einsätzen“, sagte Schmidt. „In unserer erwachsen gewordenen Demokratie wäre eine Freiwilligenarmee keine Gefahr mehr. Ich bin daher überzeugt, dass die Wehrpflicht nicht aufrechtzuerhalten ist und in den nächsten fünf bis acht Jahren fällt.“ Zuvor hatte der saarländische SPD-Vorsitzende Heiko Maas behauptet, „der gesellschaftliche Preis der Wehrpflicht“ sei nicht „mehr bezahlbar“. Der Dienst sei „ein Relikt des Kalten Krieges“, passe nicht mehr in die Zeit und schaffe Ungerechtigkeiten. Gegner der Wehrpflicht kritisieren seit langem, dass aufgrund des gesunkenen Bedarfs an Rekruten nur eine zufällige Auswahl von Männern eingezogen wird. Um die Ungerechtigkeit zu mildern, hatten grüne Verteidigungsexperten um Nachtwei bei einem Treffen mit ihren SPD-Kollegen bereits im Mai eine Verkürzung der Dienstdauer auf sechs Monate vorgeschlagen. Dadurch würde die Dienstpflicht auf mehr Männer verteilt, die dann nur kurz dienen müssten, argumentierte der grüne Abgeordnete. Außerdem sollte den Männern die Berufs- und Lebensplanung erleichtert werden, indem sie nur für ein Jahr zur Einberufung bereit stehen müssen. Nachtwei zufolge werden die Vorschläge jetzt im Bundesverteidigungsministerium geprüft.

PATRIK SCHWARZ