berliner szenen
: Mein Bügeleisen und ich

Zwangsgedanke

Der Fahrradweg in Richtung Theodor-Heuss-Platz ist viel befahren, die Morgensonne macht große Versprechen. Doch dann, kurz vorm Kaiserdamm, ein Gedanke wie ein Nackenhieb: das Bügeleisen! Gegen die Gewißheit, dass sich das alte Teufelseisen in diesem Moment mit drei Punkt (Leinen, Baumwolle) durch den Wohnzimmertisch brennt, kann ich nichts mehr ausrichten. Aber es ist auch völlig ausgeschlossen, umzukehren.

Im Büro angekommen, wähle ich als Erstes die Servicenummer der Bewag, die, wie ich annehme, doch irgendwie feststellen können müsste, ob die für den Betrieb eines Bügeleisens notwendige Menge Strom gerade in mein Wohnzimmer geliefert wird. Die Serviceberaterin bringt meine Situation auf den Punkt: „Sie haben da offensichtlich ein Problem, aber wir können Ihnen nicht helfen.“

Der Vorschlag der Kollegen, das Bügeleisen doch einfach auf dem Handy anzurufen und es selbst zu fragen, führt selbstverständlich zu nichts. Gut. Plan B kostet 38 Mark: Ich händige einem amüsierten Fahrradkurier meinen Wohnungsschlüssel und eine um das Bügeleisen zentrierte Skizze des vermutlich bereits in Flammen aufgegangen Zimmers aus. Tröstlich zu hören, dass ich, bei abgebrannter Wohnung, 12 Mark zurückerstattet bekäme, weil er sich in diesem Fall ja eine Tour sparen könne. „Den Schlüssel brauchen Sie dann ja nicht mehr.“

Stunden später – das Bügeleisen war natürlich aus – kleckere ich mir in der Kantine Spinat über die Bluse, der man nicht ansieht, dass sie jemals gebügelt worden ist. Ich ernte dafür zärtlichen Spott: „Schick doch einen Fahrradkurier in deine Wohnung und lass dir eine neue bringen! Und wenn du ihm sagst, dass er sie vorher bügeln soll, kannst du ihm dann noch einen andern nachschicken, der nachsieht, ob der erste das Bügeleisen ausgemacht hat.“ Daraufhin fasse ich einen Entschluss: morgens nie wieder zu bügeln.

MONIKA RINCK