frankie goes to edmonton
: Grit Breuer: Medaillenlos im Hausfrauenrennen

Kill The Pain

Na, heute schon Betten gemacht, Staub gewischt, Teppich geklopft, Fußboden geschrubbt, Fenster gewienert, Wäsche gewaschen, Staub gesaugt, Möhrchen geschält, Essen gekocht, Geschirr gespült, Einkaufen gegangen, dem Herrn Gemahl die Pantoffel bereit gelegt für den Feierabend, Bierchen kaltgestellt, Knabberzeug fürs Fernsehen gerichtet? Gut! Sehr gut sogar!

Und hatten Sie dabei Schweißperlen auf der Stirn, erhöhten Puls, leichte Atemlosigkeit und Herzklopfen? Ja? Na prima. Dann ist ja alles in Ordnung mit Ihnen, denn das muss so sein. Wirklich! Im Sport nennt man das Hausfrauenwerte. Wenn Sie jetzt auch noch hin und wieder Probleme mit dem Rücken haben, am besten mit den Bandscheiben, ist die Chose ganz perfekt und man muss sich wirklich wundern, dass Sie in Deutschland weilen und nicht am Dienstagabend hier in Edmonton die 400 Meter mitgelaufen sind, Sie hätten jedenfalls gute Chancen gehabt, zumindest auf Rang vier. Aber Sie waren ja nicht hier, sondern sind zu Hause Ihren Pflichten nachgegangen. Was einerseits verständlich ist und löblich, andererseits aber auch sehr schade, denn jetzt ist Ihnen just Frau Breuer zuvorgekommen – und Vierte geworden.

Das sei alles Quatsch? Von wegen: Frau Breuer hatte auch Rückenprobleme und welche an der Bandscheibe, deshalb hat sie sich ja auch operieren lassen vor ungefähr zehn Monaten. Nichts Großes, nur ein kleiner Eingriff, aber immerhin. Sie wissen schon: So eine Operation ist ja immer gefährlich. Man weiß da nie! Bei Frau Breuer ist alles glatt verlaufen, und als sie dann wieder auf den Beinen war, hat sie sich gefühlt wie Sie, jedenfalls hatte Sie Ihre Werte: „Werte wie bei einer Hausfrau“, hat Frau Breuer gesagt. Wortwörtlich!

Das war, so steht zu vermuten, allerdings etwas despektierlich gemeint. Aber Sie sollten sich darüber nicht zu sehr grämen und aufregen, das lohnt nicht. Denn vielleicht ist Frau Breuer ja auch nur deshalb so schnell, weil der Mann an ihrer Seite, Herr Springstein, zeitgleich auch ihr Trainer, sie Abends beim Fernsehen immer vom Sofa hochscheucht zum Bierholen, immer wieder, fast so oft wie der Bundeskanzler das mit seiner Doris macht. Nur dass bei Breuers der Kühlschrank weiter weg steht vom Sofa und bei Frau Breuer deshalb der Trainingseffekt größer ist als bei der Frau Bundeskanzler.

Und überhaupt: Wer weiß schon, wie es bei Frau Breuer zu Hause in Magdeburg aussieht? Wahrscheinlich wie bei Hempels unterm Sofa. Das heißt, in dem Fall müsste es wohl anders heißen: Wie bei Breuers im Medikamentenschrank zum Beispiel. Für die Unordnung dort wurden Frau Breuer und Herr Springstein nämlich sogar einmal republikweit bekannt.

Aber das ist ja Gott sei Dank vorbei, Vergangenheit. Zukunft sind hier in Edmonton hingegen die Rennen der 4x400-Meter-Staffel, am Samstag beginnen die Vorläufe. Wenn Sie sich beeilen, könnten Sie es also noch schaffen. Läuferinnen mit Ihren Werten werden hier immer gebraucht. FRANK KETTERER