SOMALIA HUNGERT: ES SIEGT DIE AFRIKANISCHE KRIEGSÖKONOMIE
: Der Egoismus der Nachbarn

Kämpfe und Hunger in Somalia – das ist inzwischen die klassische Nullnachricht, von Massenmedien totgeschwiegen. Die Regierung in Somalias Hauptstadt Mogadischu und oppositionelle Warlords kämpfen gegeneinander, und zugleich warnen Hilfsorganisationen vor einer schweren Dürre. Die Hauptgetreideernte in Somalia, sagt die UN-Agrarorganisation FAO, wird in diesem Jahr nur ein Drittel des Vorjahresniveaus erreichen. Die bereits stark gestiegenen Lebensmittelpreise werden weiter in die Höhe schießen; immer mehr Menschen werden sich nichts mehr zu essen leisten können. Hilfszusagen gibt es nicht.

Business as usual? Die FAO warnt jedes Jahr vor Hunger in Afrika. Diesmal umfasst die Liste 17 Länder. Meist wird der Hunger durch hausgemachte Konflikte verursacht. Auf den ersten Blick könnte auch Somalia zu diesen selbst verschuldeten Krisengebieten zählen. Doch tatsächlich ist der somalische Skandal ein anderer. Auch wenn der Bürgerkrieg und der Geiz der ausländischen Geber einen Teil der Katastrophe erklären: Vor allem sind die Nachbarländer schuld, die aus politischen Erwägungen die somalische Ökonomie vernichten.

Historisch finanzieren sich weite Teile Somalias durch den Viehexport; der Weg führt über den Norden des Landes. Hauptabnehmer ist Saudi-Arabien. Das wiederum unterstützt heute die Regierung in der somalischen Hauptstadt Mogadischu – der Norden Somalias wird aber von Sezessionisten beherrscht. Um sie zu schwächen, haben die arabischen Staaten den Viehimport aus Somalia gestoppt und damit der somalischen Ökonomie das Rückgrat gebrochen. Als ökologisch verheerender Ausweg bleibt der somalischen Landbevölkerung nur, Holzkohle herzustellen und auszuführen – doch zufällig wird dieser Handel von Anhängern der somalischen Regierung kontrolliert. Vor zehn Tagen aber schloss Kenia, das wiederum Somalias Regierungsgegner favorisiert, seine Grenze und schnürte auch diesen Export ab.

Wenn ein Land, das keinen richtigen Staat und damit kein Währungssystem hat, seine Devisenbringer verliert, können Nahrungsmittel nicht mehr importiert werden. Es bleibt nur das Warten auf milde Gaben. Und die kommen nicht. Da ist Hunger vorprogrammiert.

Überall in Afrika ist Hunger politisch. Aber in Somalia könnten Staaten der Region ihn lindern helfen – und wollen nicht. Auf sie müsste also Druck ausgeübt werden. Aber es gibt kein auswärtiges Interesse an Somalia, das solchen Druck herbeiführen könnte. In seltener Deutlichkeit ist in Somalia die afrikanische Kriegsökonomie am Werk zu betrachten, in der allein das Recht des Stärkeren zählt. DOMINIC JOHNSON