Helfer sind mit der Geduld am Ende

Mehrere Hilfsorganisationen wie Cap Anamur versuchen, das Leid der Menschen im verarmten Nordkorea zu lindern. Doch anstatt dieses Engagement zu unterstützen, behindert die Regierung in Pjöngjang ein effektives Arbeiten, wo sie nur kann

von JUTTA LIETSCH

Nachdenklich und enttäuscht ist der Chef der Hilfsorganisation Cap Anamur, Rupert Neudeck, von seinem jüngsten Besuch in Nordkorea Anfang dieser Woche zurückgekehrt. „Es wird nicht besser: Die Leute haben nicht genug zu essen, sie sind zermürbt, viele Kinder körperlich und geistig für ihr Leben geschädigt.“

Seit 1998 sind die Helfer von Cap Anamur in Nordkorea aktiv. Sie reparieren Krankenhäuser und statten sie mit Nahrungsmitteln, Heizmaterialien und Medikamenten aus. Insgesamt hat die Organisation bislang 12,3 Millionen Mark an Spendengeldern investiert. Derzeit ist noch ein Hilfstransport im Wert von 2,5 Millionen Mark unterwegs.

Neben Cap Anamur arbeiten derzeit sieben private internationale Hilfswerke sowie mehrere UNO-Organisationen in dem von der Außenwelt streng abgeschotteten Nordkorea. Die meisten von ihnen kamen ins Land, nachdem in den neunziger Jahren erstmals Berichte einer anhaltenden Hungerkrise an die Weltöffentlichkeit gelangten. Unklar ist die Zahl der Opfer. Nach offiziellen Berichten sind über 200.000 Menschen an Hunger und Mangel gestorben. Experten schätzen aber, dass mittlerweile bis zu drei Millionen Nordkoreaner ums Leben gekommen sind.

Was Helfer wie Rupert Neudeck zermürbt, ist die mangelnde Bereitschaft der Behörden, ihnen Leben und Arbeit zu erleichtern. „Wir werden daran gehindert, so zu arbeiten, wie es sinnvoll wäre“, klagt Neudeck

Ohne nordkoreanische Aufpasser läuft nichts. Kontakte zur Bevölkerung sind streng verboten. Die vier deutschen Mitarbeiter von Cap Anamur dürfen die Krankenhäuser ihres Projektes nicht ohne Genehmigung besuchen. Daran habe die Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen Berlin und Pjöngjang nichts geändert, sagt Neudeck.

Zwar dürfen die Helfer sich inzwischen innerhalb der Hauptstadt im Auto selbstständig bewegen. Wenn sie Pjöngjang verlassen wollen, brauchen sie aber eine Erlaubnis. Immerhin dürfe der Cap-Anamur-Arzt in einem Krankenhaus erstmals Fortbildungskurse für seine nordkoreanischen Kollegen anbieten.

Als Zugeständnis gilt auch, dass die deutschen Mitarbeiter neuerdings außerhalb der Hauptstadt übernachten dürfen. Sie sind dann gezwungen, in staatlichen Gästehäusern zu übernachten, die pro Person und Nacht 60 Dollar verlangen. Verlassen dürfen sie die Hotels in ihrer Freizeit nicht. Bislang arbeitet Cap Anamur in zwei Provinzen im Süden und Zentrum Nordkoreas. Im nächsten halben Jahr will die Gruppe vier weitere Krankenhäuser im Norden sanieren. Doch der Bedarf ist unerschöpflich: Seit Jahren wurde an Häusern und öffentlichen Gebäuden nichts getan, Dächer und Gemäuer rotten vor sich hin, Ärzte operieren manchmal ohne Narkose, Patienten hungern im Krankenbett, beobachtete Neudeck.

Dennoch sei kein Ansatz zu Reformen zu erkennen. Im Gegenteil: Die Regierung Kim Jong-ils spielt ein bizarres Doppelspiel. Auf der einen Seite behauptet sie gegenüber der eigenen Bevölkerung, sie sei einzigartig und völlig unabhängig vom Ausland. Auf der anderen Seite hält sie sich nur mit Hilfe von Millionen Tonnen Getreide und anderen Lebensmitteln an der Macht, unter anderem mit Spenden aus Südkorea und den USA.

Bislang denken Neudeck und seine Mitarbeiter nicht daran, die Hilfe in Nordkorea abzubrechen. Dennoch: „Wir sind mit unserem Latein bald am Ende“, sagt Neudeck. Die deutsche Regierung fordert er deshalb dringend auf, sich endlich ernsthaft für bessere Arbeitsbedingungen der Helfer in Nordkorea einzusetzen.