Starre Fronten vor Durban-Konferenz

UN-Kommissarin will vor der Antirassismuskonferenz im Fall Israel/Palästina vermitteln. USA drohen mit Boykott

GENF taz ■ Bei der bislang noch bis heute Abend anberaumten Genfer Vorbereitungstagung für die Antirassimuskonferenz der UNO in Durban ist weiterhin keine Einigung in den Hauptstreitpunkten in Sicht. Ein Vorschlag der UNO-Hochkommissarin für Menschenrechte, Mary Robinson, zur Behandlung des Themas Israel/Palästina sowie ihre Anregung zu einer erneuten Verlängerung der Vorbereitungstagung stießen auf Ablehnung der USA, die ihre Boykottdrohung für Durban stattdessen bekräftigten.

Robinson, die als Generalsekretärin für die Antirassismuskonferenz fungiert, schlug vor, im Abschlussdokument „die gleichen Rechte sowie das Recht auf Selbstbestimmung für Israelis und Palästinenser“ hervorzuheben. Darüber hinaus solle in der Erklärung „das wachsende Gefühl der Unzufriedenheit und Frustration über die anhaltende militärische Besatzung seit vier Dekaden anerkannt“ werden. Diese Formulierungen sollen die Vorschläge der arabischen und islamischen Staaten ersetzen. Diese forderten bis gestern noch eine scharfe Verurteilung der israelischen Politik gegenüber den Palästinensern als einer Form des „Rassismus“, des „Holocaust“ und der „Apartheid“.

Der amerikanische Kongressabgeordnete Tom Lantos, führendes demokratisches Mitglied des außenpolitischen Ausschusses im Repräsentantenhaus, wies Robinsons Textvorschläge zurück, da sie weiterhin eine „Singularisierung Israels“ bedeuteten. Mit diesem Argument lehnen die USA – und auch die EU – jegliche Erwähnung Israels oder auch nur der Nahostregion beziehungsweise des Nahostkonflikts im Abschlussdokument für Durban ab. Lantos wandte sich auch gegen Robinsons Anregung, die Arbeitsgruppen des Genfer Vorbereitungstreffens sollten auf der Suche nach einvernehmlichen Formulierungen notfalls bis zur geplanten Eröffnung der Konferenz in Durban am 31. August weitertagen. „Eine Verlängerung bringt nichts, solange die arabischen und islamischen Staaten nicht den politischen Willen zeigen, ihre von Hass triefenden Formulierungsvorschläge zurückzuziehen“, erklärte Lantos. Wenn es bei dieser starren Haltung bleibe, werde er der Bush-Administration empfehlen, der Konferenz in Durban fern zu bleiben.

Auch beim Thema Kolonialismus, Sklaverei und Rassentrennung gibt es trotz einiger Annäherungen weiterhin erhebliche Differenzen zwischen den Beteiligten. Die afrikanischen Staaten haben ihre Forderung nach Kompensation fallen gelassen und weitere Konzessionen gemacht. Dennoch sind die USA und die EU-Staaten weiterhin lediglich bereit, Sklaverei und Sklavenhandel „tief zu bedauern“, die vor rund 150 Jahren abgeschafft wurden. Mit Blick auf die Verbrechen jüngeren Datums schonen sich die USA und die EU in ihren Textentwürfen gegenseitig: die erst im Jahre 1954 abgeschaffte Rassentrennung in den USA wird überhaupt nicht erwähnt.

Zum europäischen Kolonialismus, der bis 1975 währte, heißt es lediglich, „einige Aspekte des Kolonialismus“ seien zu bedauern. Über die von den USA abgelehnte Forderung nach einer „Entschuldigung“ (apology) für die Sünden der Vergangenheit ist es innerhalb der EU zu einem Dissens gekommen: 14 EU-Staaten sind inzwischen bereit, diese Formulierung mitzutragen. Doch sie werden bislang noch immer von Großbritannien blockiert. London teilt die von Washington vorgetragene Befürchtung, eine „Entschuldigung“ könnte eine Rechtsgrundlage für spätere Entschädigungsklagen werden. Der Kongressabgeordnete Lantos konnte diese Befürchtung gestern auf Nachfrage nicht weiter begründen. Sie sei „nur ein Vorwand“, erklärte der Botschafter eines EU-Staates gegenüber der taz.

ANDREAS ZUMACH

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