Anstiften hat Grenzen

BGH entscheidet: Polizei darf Haschischhändler nicht zu Heroindeal provozieren. Strafurteil, das sich auf Vorfall stützt, ist aufgehoben: Kein „faires Verfahren“

FREIBURG taz ■ Die Polizei darf einen Haschischhändler nicht zu Heroingeschäften provozieren. Dies widerspreche einer „dem Fairnessgrundsatz verpflichteten Strafrechtspflege“, urteilte der Bundesgerichtshof (BGH) in einer gestern veröffentlichten Entscheidung.

Im konkreten Fall war ein Drogenhändler vom Landgericht Augsburg zu einer Freiheitsstrafe von viereinhalb Jahren verurteilt worden. Ein V-Mann der Polizei hatte bei dem Händler nicht nur knapp 100 Gramm Haschisch gekauft, sondern ihn auch dazu überredet, Heroin zu besorgen. Zunächst hatte sich der Händler zwar abweisend gezeigt, dann wurde der V-Mann aber immer drängender, weil er angeblich in Lebensgefahr sei, wenn er seinen Abnehmern nicht bald neues Heroin liefern könne. Daraufhin stellte der Haschischhändler den Kontakt zu einem ihm bekannten Heroindealer her. Weil jener aber kaum Deutsch sprach, bedrängte der Lockspitzel den Haschlieferanten, bei dem Geschäft auch noch als Dolmetscher zu fungieren.

Der BGH, das oberste deutsche Strafgericht, hat das auf diesen Vorfall gestützte Strafurteil nun teilweise aufgehoben. Bestand hat nur die Verurteilung wegen des Haschverkaufs. Zu einem Heroingeschäft durfte der Händler jedoch nicht überredet werden, da gegen ihn in dieser Hinsicht noch kein Verdacht bestand. Der V-Mann hätte allenfalls nach Heroin „nachfragen“, nicht jedoch den Haschdealer mit dem Verweis auf eine Notlage „anbetteln“ dürfen, urteilte der BGH. Hier liege ein Verstoß gegen die Europäische Menschenrechtskonvention nahe, die ein „faires Verfahren“ vorschreibt.

Das Landgericht muss nun im Hinblick auf die unzulässige Tatprovokation einen größeren Strafnachlass gewähren als die bisher eingeräumten fünf Monate. (Az. 1 StR 42/01)

CHRISTIAN RATH