Globaler guter Geschmack

Mit Leuten arbeiten, die man zuvor nur aus der Ferne bewunderte: Das Kölner HipHop-Label Superrappin gibt US-Größen Biz Markie und Phife Dawg eine deutsche Heimat

HipHopHeadz und Weintrinker gehören zum gleichen Schlag Mensch. Mit zunehmendem Alter wird die Nuance entscheidend. Die Geschmacksnerven verfeinern sich, und der Pinot Grigio für 2,99 wird ähnlich ungenießbar wie der halb gare Beat, zu dem Nichten, Neffen und die restliche minderjährige Verwandtschaft begeistert mit dem Kopf nicken. Besoffen, so lehrt das Leben, wird man sowieso. Und so dämmert am Ende des Tages meist die Erkenntniss, dass nur eines wirklich kickt: die gute alte Differenz.

Als Ende 1999 Europas größter Independent HipHop-Vertrieb mit Groove Attack ein straightes Rap-Label gründete, konnte man also sicher sein: die Deutsch-Rap-Welle würde hier nicht geritten werden. Schon die erste Veröffentlichung ließ erahnen, dass in einem Kölner Hinterhof eine Hand voll gestandener Beat-Connaisseure im Begriff war, einen der dreistesten Coups der jüngeren deutschen Label-Historie zu landen.

„Superrappin. The Finest in Underground HipHop“ lautete das an Grandmaster Flash angelehnte Motto. Und da hierzulande kaum irgendwelche Acts die Qualitätskriterien der Labelbetreiber erfüllte, besann man sich auf die jahrelang gehegten Kontakte zu Protagonisten des US-Untergrunds. Leute wie MosDef, Common, Organised Konfusion und DJ Spinna ließen sich nicht zweimal bitten, den Kölnern mit Tracks auszuhelfen.

Plötzlich schien die vermeintlich abseitige Idee, die USA und den Rest der Welt vom Rhein aus mit crediblem US-HipHop zu versorgen, durchaus realisierbar. „In Amerika“, erzählt Frank Stratmann, einer der Superrappin-Initiatoren, „ist es so, dass viele der guten Acts, die früher auf Major-Labels veröffentlicht haben, immer weniger Beachtung finden – vor allem wenn sie eher traditionell arbeiten. Die großen Labels gucken sich einfach an, was am Markt geht, und geben dann Kopien in Auftrag. Es geht ihnen nicht um gute Produkte, sondern um den größtmöglichen Erfolg.“ Optimale Voraussetzungen also, um alten und neuen Helden eine Label-Heimat in Übersee schmackhaft zu machen, frei von Kommerzialisierungsdruck und Eingriffen in die künstlerische Freiheit.

„Wir sind immer noch in erster Linie Fans dieser Musik und hätten uns nie träumen lassen, eines Tages Tonträger und ganze Alben von Leuten zu veröffentlichen, die so wichtig für HipHop sind. A Tribe Called Quest sind die Größten, und wir bringen das erste Solo-Album von Phife Dawg raus. Nicht nur in Deutschland, sondern weltweit. Wir arbeiten mit Leuten, die wir als Fans jahrelang aus der Ferne bewundert haben. Und wir lassen ihnen die Freiheit zu tun, was sie für richtig halten.“

Nur so ist es zu erklären, das Biz Markie, einer der größten HipHop-Entertainer aller Zeiten, sein erstes Album seit elf Jahren ausgerechnet auf Superrappin veröffentlichen wird. Eine Nachricht, die Ikonen wie Dr. Dre und DJ Premier prompt zum Hörer greifen ließ.

Ob man nicht mit von der Partie sein könne, lautete die Frage, die in Köln sicher nicht das letzte Mal beantworten werden muss. Die Globalisierung des guten Geschmacks scheint unaufhaltbar zu sei. CORNELIUS TITTEL