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■ 60 Neonazis marschierten in Kaltenkrichen im Regen für Lichterketten

Im „Kampf um die Straße“ haben die Freien Nationalisten um den Hamburger Nazi-Chefideologen Christian Worch einen Dämpfer kassiert: Beim Versuch, einen gewalttätigen Streit zwischen einer deutsch-ausländischen Jugendclique und dem Kaltenkirchener Felix Feil (19) vor einer Woche zu instrumentalisieren und die Bevölkerung gegen den „Mulit-Kulti-Wahn“ zu mobilisieren, blieb der rechte Mob am Samstag unter sich. Nur 60 stramme Kader aus dem Norden marschierten auf.

Der Aufmarsch auf der abgelegenen Jahrmarktwiese begann mit einem heftigen Schauer. „Deutsche, wo sind eure Lichterketten“, triefte es von Transparenten. Erst tags zuvor hatte das Oberverwaltungsgericht Schleswig das von der Kreisverwaltung Bad Segeberg verhängte Demoverbot aufgehoben. Der Marsch der Rechten verlief dann unspektakulär.

Zuvor hatte die Polizei etwa 70 Antifa-DemonstrantInnen eingekesselt, um einen „störungsfreien Ablauf“ zu gewährleisten. Trotz Polizeisperren waren sie im Anschluß einer Demonstration des Antifa-Bündnisses „Kein Nazi-Aufmarsch in Kaltenkirchen“ bis zur rechten Demoroute vorgedrungen. Als die Rechten nach zwei Stunden abrückten, wurde der Kessel aufgehoben: „Der Neonaziaufmarsch ist vorbei, sie sind jetzt frei“, verkündete dieEinsatzleitung.

Bereits am Vormittag hatten 170 überwiegend Jugendliche gegen den Naziaufmarsch demonstriert: „Es ist kaum zu glauben“, so der Redner von der „Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes/Bund der Antifaschisten“, „dass erneut ein Gericht einer Gruppe in der Tradtion der NSDAP erlaubt zu demonstrieren.“ Felix Feil war bei dem Streit am vorigen Wochende durch einen Messerstich in die Halsschlagader lebensgefährlich verletzt worden. Als Tatverdächtiger sitzt zurzeit ein 16 -jährige Libanese aus Hamburg in Haft.

Die KommualpolitikerInnen schwiegen dazu, dass die Naziszene sich den Vorfall zu nutzen machen wollte – und handelten sich damit Kritik der örtlichen Presse ein: „Ohne Gegenwehr Neonazis und Rassisten die Stadt als Agita-tionsbühne zu überlassen, ist ein beschämendes Verhalten“, schrieb die Segeberger Zeitung. Peter Müller/Andreas Speit