edmontonian des tages: marta domínguez, die weltmeisterin
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Lasst uns einfach so tun, als habe Marta Domínguez aus Spanien das Rennen über 5.000 Meter gewonnen. Lasst sie uns ein bisschen feiern und hochleben, so wie man das tut mit Siegern. Klasse war es, wie sie in der letzten Kurve auf und davon gezogen ist, allen im Feld, selbst der kleinen Rumänin Gabriela Szabo. Wie sie alle hat stehen lassen und wie sie schnell ein paar Meter gelegt hat zwischen sich und ihre Konkurrentinnen. Und wie ihr am nächsten Tag unter dem begeisterten Jubel der Zuschauer Gold um den Hals gehängt wurde auf dem Podium im Commonwealth Stadium. Ihr, der Weltmeisterin über 5.000 Meter.

Lasst uns hier und jetzt nachholen, was der Sport versäumt hat: Lasst uns so tun, als habe es nie eine Läuferin gegeben, die vor Marta Domínguez ins Ziel gekommen ist. Weil diese Läuferin betrogen hatte schon im Vorfeld der WM – und weil Olga Jegorowa aus Russland, obwohl kurz zuvor gedopt mit Epo erwischt, starten durfte bei dieser WM. Die Gesetze im Sport sind da manchmal unergründlich. „Warum darf sie laufen, wenn doch jeder weiß, dass die gedopt war?“, hat die Mutter von Irina Mikitenko, eingesiedelte Deutsche aus Kasachstan, ihre Tochter, die Fünfte wurde, noch gefragt vor dem Rennen. Eine vernünftige Antwort aber konnte ihr auch Irina nicht geben, niemand konnte das, weil es keine vernünftige Antwort gibt auf diese Frage.

Dafür gibt es eine neue Weltmeisterin. Und selbst Gabriela Szabo, die so tapfer angekündigt hatte, nicht laufen zu wollen, wenn Jegorowa starten dürfe und am Ende doch gelaufen ist und Achte wurde, kürte Marta Domínguez zur Siegerin. „Sie ist der Champ“, sagte Szabo nach dem Rennen, „und nicht die andere.“ Vielleicht ist das der größte Satz dieser Leichtathletik-WM in Edmonton. Lasst uns so tun, als sei es so. Lasst uns so tun, als gäbe es zumindest im Sport noch ein Rest an Gerechtigkeit. KET