Rasender Start

Nach dem 2:1 des 1. FC Kaiserslautern über den 1. FC Köln stellt sich die Frage: Woher diese unerwartete Form?

KAISERSLAUTERN taz ■ Man musste nach den Turbulenzen in der Sommerpause um Youri Djorkaeff mit dem umgekehrten Fall rechnen: einer Niederlage bei 1860 München und zwei Heimpleiten gegen Gladbach und Köln. Nun aber steht der 1. FC Kaiserslautern mit neun Punkten auf dem zweiten Platz, punktgleich mit Borussia Dortmund.

Problem gelöst? Ja, vielleicht, wenn da nicht der Fall Djorkaeff wäre. Doch auch hier deutet sich nun eine Lösung an. Beunruhigt über die missliche Situation seines Nationalspielers hat der Coach der Équipe Tricolore, Roger Lemerre, Djorkaeff den Rat gegeben, sich im Training reinzuhängen, auf dass er bald wieder zum Aufgebot von Teamchef Andreas Brehme zählen möge.

Dem Spiel der Lauterer könnte dies nur gut tun, denn spektakulär war es nicht, was sie boten. Ein schwacher Gegner zum Auftakt, dann ein Kraftakt gegen den Aufsteiger Gladbach und schließlich eine Zitterpartie gegen die Kölner legten die Defizite im Spiel offen. Es fehlt an einem, der das Spiel gestalten kann, denn der Brasilianer Lincoln, für sieben Milionen Mark von Atletico Mineiro Belo Horizonte gekommen, konnte die Erwartungen noch nicht erfüllen. Trotzdem trug er zum Erfolg gegen die Mannschaft von Trainer Ewald Lienen bei. Er startete ein Solo auf links und flankte in den Strafraum, wo Vratislav Lokvenc stand und zum 1:0 traf.

Lienen beklagte sich nach dem Spiel zu Recht über die „sehr unglückliche Niederlage“ seines Teams, denn es waren die Gäste, die bis dahin den besseren Fußball boten. Sie kombinierten gut nach vorne, fanden aber nie den Abschluss. „Wir haben die erste Halbzeit verschlafen, denn der 1. FCK hatte sich weit zurückgezogen, aber wir waren beim Ausnützen unserer Chancen nicht konsequent genug“, haderte Lienen mit seiner Mannschaft. Folge dieser Kölner Schludereien war das 2:0 der Lauterer durch Lokvenc in der 36. Minute.

Ein Spieler der Kölner musste den Ärger seines Trainers zur Pause büßen. Marco Reich, der Ex-Lauterer, der nach endlosen Querelen mit seinem ehemaligen Verein für sechs Millionen Mark von Kaiserslautern nach Köln gewechselt war, geriet in der ersten Hälfte in einen Spießrutenlauf. Er wurde bei jeder Aktion von den Fans des 1. FCK ausgepfiffen und spielte so schlecht, wie man es gewohnt war. Der einstige Hoffnungsträger der Lauterer, der sogar ein Länderspiel bestritt, hatte sich „persönlich sehr viel vorgenommen“ und fand es „schade, dass wir nicht mindestens einen Punkt mitgenommen haben“. Ewald Lienen erlöste ihn dann in der Halbzeit, sah er doch, wie schwer es für ihn war, „in ein solches Ambiente zurückzukommen.“

Überhaupt sah der Kölner Trainer, der in der 47. Minute Christian Springers Anschlusstreffer bejubeln konnte, sich als Opfer der Atmosphäre auf dem für ihn schier verhexten Betzenberg. Vor dem zweiten Treffer von Lokvenc hatte er ein Foul des Tschechen an Moses Sichone gesehen, und am Ende fühlte er sich um das scheinbar obligatorische Betzenberg-Nachspiel bis Minute 95 betrogen. „Anscheinend gilt dies nur, wenn Kaiserslautern zurückliegt“, klagte er und bekräftigte: „Wir wären gerne bereit gewesen, noch länger zu spielen.“

Andreas Brehme, der sich das Spiel ab der 69. Minute wegen höhnischen Beifallklatschens in Richtung Schiedsrichter von der Tribüne aus ansehen musste, konnte dagegen froh sein über den pünktlichen Referee Uwe Kemmling, denn nach dem frühen Anschlusstor der Kölner hatten die Roten Teufel keine zwingenden Torchancen mehr, obwohl sie auf die Westtribüne zuspielten. Köln drängte ungestüm auf den Ausgleich, aber „glasklare Chancen“, wie Lienen formulierte, gab es keine mehr.

Der 1. FC Kaiserslautern jedoch hat dank eines erstaunlich motivierten Mario Basler und trotz wenig spielerischem Glanz seinen besten Start in 37 Bundesliga-Jahren hingelegt, besser noch als 1990 und 1997, als die Lauterer am Ende Deutscher Meister wurden. Doch eine Frage bleibt offen: Was hat diese vor kurzem noch so von Krisen geschüttelte und demoralisierte Mannschaft bloß wieder so weit nach oben gebracht?

GÜNTER ROHRBACHER-LIST