Die Höllenengel des ADAC

Hells Angels-Prozess unter strengsten Sicherheitsvorkehrungen eröffnet  ■ Von Elke Spanner

Im Zuschauerraum trägt man Sonnenbrille und liest Bild. In der ersten Reihe die Damen, dahinter die Herren. Die Frauen sind braungebrannt, langhaarig und körperbetont gekleidet. Männer brauchen offenbar nicht schön zu sein.

Vor der gläsernen Trennscheibe beginnt ein Prozess, der schon in die Geschichte eingegangen ist, ehe er eröffnet wurde: Das größte Kiez-Verfahren, das jemals in Hamburg geführt wurde. Sieben Angeklagte aus dem Rotlicht-Milieu, schon körperlich betrachtet schwere Jungs. Sie sollen führende Köpfe der verbotenen Rockerbande Hells Angels sein. Förderung der Prostitution, Menschenhandel, Zuhälterei, lauten die Vorwürfe. Auf der Reeperbahn, heißt es, hätten die Angeklagten das Sagen gehabt. Die werden später ihre Berufe als Kfz-Mechaniker, Fotograf und Kaufmann angeben. Nur Hans-Peter S. bezeichnet sich als „gewerblicher Zimmervermieter“.

Von hinten grüßt man aufgeregt, als die Männer Einzug in den Gerichtssaal halten, ebenfalls mit Sonnenbrillen. Es gilt die höchste Sicherheitsstufe. Sogar die Schließer, die die Kiezgrößen aus der Untersuchungshaft hoch in den Saal führen, werden am Eingang von Kollegen mit der Metallsonde untersucht.

Die Kontrollen dauern länger als die Verhandlung selbst. Nach nur einer halben Stunde werden die Männer wieder abgeführt. Erst Ende August wird die Anklageschrift verlesen. Die Strafgerichtskammer muss sich noch in das umfangreiche Prozessmaterial einarbeiten. Denn es ist nicht der eigentliche Vorsitzende, sondern dessen Stellvertreter, der das Verfahren leiten wird. Der Chef ist mit anderen Prozessen ausgelastet. Das Hells Angels-Verfahren aber konnte nicht länger aufgeschoben werden, sonst hätten die Angeklagten aus der Untersuchungshaft entlassen werden müssen. Die maximale Haftdauer von sechs Monaten war bereits überzogen, eine weitere Verlängerung nicht drin.

Einige der Angeklagten haben gegenüber der Polizei ausgesagt. Und offenbar eingeräumt, dass sie Prostituierte für sich haben arbeiten lassen. Ohne das allerdings als Unrecht zu empfinden. Denn „die Bordelle“, so Rechtsanwältin Leonore Gottschalk-Solger, „haben schon immer existiert“. Verteidigerkollege Ulf-Diehl Dreßler sagt, dass gerade das in der Anklage erwähnte „Eros-Center“ im Interesse des Staates eingerichtet worden sei, „weil man die Kontrolle über die Prostitution behalten will“. Nun schöpfe die Stadt die Verbrechensgewinne ab – und verdiene dadurch selbst an der Prostitution.

Statt die Geschäfte auf dem Kiez in Abrede zu stellen, dürfte die Verteidigungsstrategie darauf abzielen, die Mitgliedschaft der Männer bei den „Hells Angels“ zu widerlegen. Verteidiger Götz-Werner von Frommberg will nachweisen, dass sein Mandant Frank H., der laut Anklage Kopf der Hells Angels sein soll, „nicht Mitglied einer Bande ist. Und dann wird er freigesprochen.“ Auch laut Anwalt Dreßler haben die Angeklagten nichts mit der Rockergang zu tun: „Mein Mandant war nur Mitglied im ADAC.“