Offenes Scheunentor

■ Regenbogen-Appell: Brechmitteleinsatz verweigern. Jusos kritisieren „Zynismus“

Die Bürgerschaftsgruppe Regenbogen appelliert in einem offenen Brief an ÄrztInnen und Polizis-tInnen, die Beteiligung an Brechmitteleinsätzen gegen mutmaßliche Drogendealer zu verweigern. Bei dem ersten derartigen Einsatz am Sonntag habe sich gezeigt, dass das Verabreichen des mexikanischen Sirup „mit Schmerzen, Zwang und gewaltsamer Fixierung verbunden ist“. Brechmittel, so die Warnung, seien ein „Scheunentor für unverhältnismäßige Härten“.

Die Regenbogen-Abgeordneten erinnern in dem Zusammenhang an den Hamburger Polizeiskandal. Da hatten BeamtInnen durch willkürliche Schikane von Schwarzafrikanern von sich reden gemacht. Durch die jetzt zugelassenen Brechmittel werde „wieder eine Grauzone geschaffen, in der Willkür vorprogrammiert ist“. Angesichts der Härte des Eingriffes sei unklar, wie sich die erlaubte Sicherstellung verschluckter Drogen als Beweismittel von einer unerlaubten „Sofortstrafe“ unterscheiden soll. Deshalb sollten ÄrztInnen oder PolizistInnen sich den Einsätzen verweigern. Falls sie Miss-handlungen beobachten, so der Regenbogen-Appell, sollten diese der Bürgerschaftsgruppe mitgeteilt werden – selbstverständlich auch anonym.

Einen Tag nach Bekanntwerden des ersten Brechmitteleinsatzes haben auch die Jusos die „Eskalation des Zynismus“ kritisiert. Dass der als Dealer beschuldigte Sudanese keine Drogen erbrach, habe gezeigt, dass von einem unproblematischen Beweismittel keine Rede sein könne. Inakzeptabel seien deshalb die gestrigen Reaktionen da-rauf: So wurde in einer Tageszeitung die Forderung erhoben, die Brechmittel zumindest „mit aller Konsequenz“ einzusetzen, um andere Dealer abzuschrecken. Würde der mexikanische Sirup aber zur Abschreckung verabreicht, so die Jusos, käme das „einer grundgesetzwidrigen Polizeistrafe gleich“.

Elke Spanner

siehe auch nebenstehenden Gastkommentar