tamtürktür . . . karl may, ein letztes von BJÖRN BLASCHKE
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Die letzte Tamtürk-Kolumne endete damit, dass ich empfahl, zu Humus, dem leckersten aller Kichererbsenpürees auf Lukullus-Erden, nicht Karl Mays „Tschekurdschek“ zu reichen. Diese Kolumne soll dafür mit der leckersten aller Humus-Beilagen beginnen. Freundlicherweise hat der sächsische Kulinariennarr über sie ebenfalls geschrieben – in „Der Schut“. Da heißt es in einem Dialog zwischen Hadschi Halef Omar und dessen schlaumeiernden May-Wiedergänger Kara Ben Nemsi: „Wie mag es aber nur kommen, dass das tote Schwein viel, viel besser riecht als das lebendige?“ – „Das liegt an der Behandlung des Fleisches. Es wird gepökelt und geräuchert.“ – „Wie macht man das?“ – „Das Fleisch wird in Salz gelegt, damit das Wasser aus ihm entfernt werde, wodurch es dauerhaft wird.“ – „Ah, das ist Pastyrma (Pökelfleisch), von dem ich sprechen hörte?“ – „Ja. Dann wird es geräuchert und erhält durch den Rauch den Duft, welcher dir so wohl gefällt . . .“

Genau, es geht um türkische Pastirma, wenngleich die rein gar nichts mit Mays erschnaggelten Pökelkrökel gemein hat. Mein türkischer Schlachter jedenfalls bereitet die Pastirma nicht aus Schweine-, sondern aus Lamm- oder Rindfleisch zu. Und dabei folgt er der PWTP-Regel: pökeln, wässern, trocknen und schließlich pastirmen. Letzteres bedeutet, dass er das tote Tier mit einer Gewürzpaste, die neben anderen Kräutern vorrangig Paprika und Knoblauch enthält, zukleistert. Dann bleibt das Ganze erst einmal liegen und zieht durch.

Da der Deutsche an sich ja so affirmativ ist, dass er es am liebsten hat, wenn in ihm der Einheimische gesehen wird, egal, ob er sich gerade in Deutsch- oder im Ausland befindet, sei an dieser Stelle Pastirma auch als Camouflage-Nahrung empfohlen. Touristen, die nicht wollen, dass die Menschen in der Türkei sie schon „zehn Meter gegen den Wind“ als Deutsche erkennen, sollten auf jeden Fall zum Anklebeschnurrbart, einem abgewetzten Sakko, Schuhen mit heruntergetretenem Fersenleder und vor allem zu Pastirma greifen. Während der Fleischanteil der Pastirma nämlich verdaut wird, verpufft die Paste über die Poren und kreiert auf diese Weise eine Tamtürk-Aura.

Eine gute Alternative zu Pastirma ist Sucuk. Obwohl dieses Wort in der Übersetzung ganz allgemein „Wurst“ bedeutet, bezeichnet es doch zumeist eine besondere Knoblauchwurst, die sowohl kalt als auch gebraten ganz vorzüglich schmeckt. Aber selbst Socuk versuchte Karl May schlecht zu machen, indem er in „Der Schut“ an Hadschi Halef Omar etwas verfütterte, das „wirklich der Daumen eines starkledernen Fausthandschuhs“ war.

Auch Türkeireisende, die kurz entschlossen aufbrechen und schon im Flugzeug olfaktorische Türken sein wollen, müssen nicht auf ihre Dufttarnkappe verzichten: Zwei Scheiben Pastirma (oder vier Stückchen Sucuk) wirken bereits nach wenigen Stunden. Wer indes weder Pastirma noch Sucuk mag, sollte wissen: Man muss die beiden Spezialitäten nicht unbedingt oral zu sich nehmen; fünf Stunden vor der Abreise unter die Achseln klemmen, reicht vollkommen!