INTERNETAPOTHEKEN SCHADEN DER GESUNDHEIT NICHT
: E-Pillen für mündige Patienten

Da haben sich die Apotheker eine feine Finte ausgedacht. Die drohende Konkurrenz des Versandhandels über das Internet im Nacken, sind sie eilig nach vorn geprescht und haben den Online-Service www.aponet.de eingerichtet. Fortan können Kunden also per Mausklick Pillen, Salben und Säfte bestellen, um sie wenig später bei der Apotheke um die Ecke abzuholen. Hut ab, innovativ zeigt sich die Branche. Dabei gaukelt sie den Verbrauchern vor, dass aponet.de alle Vorteile des E-Commerce beim Arzneimitteleinkauf bietet und im Gegensatz zum bislang noch verbotenen Versandhandel die nötige Sicherheit garantiert.

So schnell jedoch wird sich die Konkurrenz nicht aus dem Feld schlagen lassen. Zu groß ist das Interesse anderer mächtiger Lobbyisten in der Gesundheitsbranche, den Versandhandel über das Internet, die E-Pille, voranzutreiben. Hier gilt es jedoch zu unterscheiden zwischen Versandapotheken, bei denen man, auch mit Rezept, online bestellen kann, und reinen Internet-Apotheken, die zahlreiche rezeptfreie Mittelchen vertreiben.

Am Versandhandel interessiert sind zum Beispiel die Krankenkassen. Sie erhoffen sich vom direkteren Vertrieb massive Einsparungen. So könnten sie direkte Verträge mit Versandfirmen schließen und Mengenrabatte aushandeln. Davon würden etwa chronisch kranke Patienten profitieren.

Warum haben die Apothekerverbände nun Angst vorm Versandhandel? Aus „Sorge um den Patienten“? Dieses Argument ist scheinheilig – denn mit den Patienten wird immer argumentiert, wenn einer in der Gesundheitsbranche fürchtet, Einfluss oder Geld zu verlieren. Dabei gibt es eigentlich nicht viel zu befürchten. Die Zahl der Verbraucher, die sich die E-Pille auf dem Postweg zukommen lassen, wird eher gering bleiben, weil es viel zu lang dauert. Der leichte Druck auf die Preise durch den entstehenden Wettbewerb wird Pharmaindustrie und Apotheken also nicht in den Bankrott treiben.

Und die Befürchtung, dass dem Ansturm auf rezeptfreie Medizin Tür und Tor geöffnet wird, ist zu entgegnen: Pillenfetischisten lassen sich schon jetzt durch Verbote nicht abhalten. Durch Nischen im Arzneimittelgesetz ist es möglich, Bestellungen bei internationalen Versandapotheken aufzugeben. Nur klare gesetzliche Regelungen könnten den Arzneimittelverkehr durch Versandhandel aus der Grauzone herausholen. Den meisten Verbrauchern darf man den verantwortungsvollen Umgang mit der E-Pille zutrauen, und auf die persönliche Beratung beim Apotheker wird niemand gänzlich verzichten wollen. STEPHANIE VON OPPEN