Expeditionen ins Kopfnickerreich

■ HipHop-Dokumentation als Preview: Was geht – die Fantastischen Vier von Dieter Zimmermann beim Freiluftkino im Stadtpark

Achtung HipHopHamburger: die Vier aus Stuttgart kommen – nicht auf Platte, Video oder der Bühne, sondern auf der großen Leinwand. Was geht heißt der Film, ohne Fragezeichen. Und die Dokumentation beweist es: Da geht einiges bei den Schwaben: als Wegbereiter deutschsprachigen HipHops Popgeschichte geschrieben; Stuttgart als Kopfnicker-relevante Metropole etabliert; eine Menge Platten, aber nicht sich selbst verkauft; eigene Plattenfirma mit Talentschmiede gegründet; Soloprojekte; Filmmusiken und und und. Was wollt ihr mehr? Neben der Geschichte vielleicht ein paar Geschichten? Die werden im Film reichlich erzählt.

Da erinnert sich Thomas Ds Vater an das früh erkennbare Reimtalent seines Sohnes, der ihn als Baby nach „Papalade“ statt „Mamalade“ fragte. Thomas D seinerseits berichtet lächelnd von Heiner Lauterbach, der ihm Prügel androhte, nachdem die Presse eine Affäre zwischen Jenny Elvers und dem „Rapper“ kolportiert hatte. Und wie Sound, Beat und Leidenschaft im HipHop zu einem Ganzen werden, davon erzählt And.Ypsilon.

Dass er weiß, wovon er spricht, wird bei den Liveaufnahmen deutlich: Die Mitschnitte der 4:99-Tour zeigen eine Band, bei der alles stimmt. Die drei Frontmänner verfügen über Skills en masse, die Raps sitzen, Beat-Mastermind And.Ypsilon dirigiert im Hintergrund das Geschehen, und die vierköpfige Liveband rockt, dass es eine Freude ist.

Mehr davon hätte dem Film gut getan. Doch leider ist kaum ein Song am Stück zu sehen. Statt dessen präsentiert Regisseur Dieter Zimmermann, der die Band rund zwei Jahre lang begleitete, immer wieder Interviews, Tournee-Alltag und Ausschnitte aus frühen Videos und ersten Talkshowauftritten – alles ohne Off-Kommentar oder Einblendungen. Dies führt dort zu Unklarheiten, wo sich die Bilder oder Gespräche nicht selbst erklären. Je weniger Wissen über die Fantastischen Vier und über die Materie beim Zuschauer vorhanden ist, umso schwieriger wird es ihm gemacht zu folgen.

Vielleicht ist der Film aber auch für Fans gemacht. Die wissen einerseits Bescheid über „ihre“ Band und wollen sie andererseits ganz aus der Nähe sehen. Diese Nähe herzustellen, ist Zimmermann, wie es seinem Anliegen entsprach, durchaus gelungen. Ohne Scheu, auch mal weniger Überzeugendes zu sagen oder zu tun, öffnen sich die Fantastischen Vier vor und für seine Kamera. Thomas D, der extrovertierte Spaßmacher, zeigt sich da plötzlich als fast schon trauriger Mensch, der sich zwischenmenschlicher Fremdheit ganz bewusst ist und am liebsten bei seinen sieben Hunden und seinem Hausschwein auf der Alm weilt. And.Ypsilon wiederum geht dermaßen offen mit seiner völlig nicht-mediengerechten Verschrobenheit um, dass es eigentlich unmöglich ist, ihn nicht sympathisch zu finden. Und sympathisch sein, HipHopper in Hamburg oder sonstwo, ist cool.

Gerd Bauder

Donnerstag, Einlass 20 Uhr, Beginn bei Anbruch der Dunkelheit, Stadtpark, Freilichtbühne