Rache der Kammersängerin

Schmidts Pflasterspektakel, umsonst und lustig  ■ Von Oliver Törner

Geburstagsfest an der Reeperbahn: Schmidts Tivoli wird stolze zehn Jahre alt und lädt zur Feier. Nicht zum altersgemäßen Topfschlagen, sondern zum Gratulantenbeschenken. Dazu verwandeln Corny Littmann und Konsorten den Spielbudenplatz in ein Zentrum internationalen Straßentheaters: Bei Schmidts Pflasterspektakel präsentieren sich auf drei Bühnen über 20 Künstler und Gruppen aus aller Welt mit Artistik und Wortakrobatik, mit Tanz und Musik, von witzig bis poetisch, zwischen schrill und schnell. Und das alles geschenkt: Eintritt ist frei, freundliche Zuwendungen in die Hüte der Künstler sind erlaubt.

Auf der fressstandfreien Darbietungsorgie tummeln sich unter anderen: Das Musiktrio Sax und Schmalz mit musikalischer Comedy. Aus Holland Mr. Jones und sein dressiertes Schwein Fred, bzw. das Stunt-Schwein Fred und sein Assistent Mr. Jones. Das Luftakrobatik-Duo Catch me turnt auf einem historischen Leitermobil. Ein anderer Fred nennt sich Dirty, kommt aus den USA und verspricht Hardcore-Comedy, hasserfüllt und böse: Pornographisches Jonglieren für die ganze Familie. Auch aus den USA stammt Joey-Joey. Er schluckt Schwert und hüpft dabei Seil – auf einem Einrad. Barto aus Kanada ist Seiltänzer, Schlangenmensch, Spaßmacher und Jongleur in einem. Famous Bramwells aus England macht Improvisationstheater mit nichts als einem kleinen Koffer. Frau Klein, eine schrullige Alte, singt, tanzt und rappt. Die beiden Damen von Flamme Fatale jonglieren mit Flaschen, Fackeln und Gläsern samt Inhalt sowie einer guten Portion Erotik. Der amerikanische Clown Jeff Hess gilt als ungekrönter König des Grimassierens und der skrupellosen Action Comedy. JoosTrup-Maskentheater ist das Kellnerduo Joseph und Oskar. Sie sind die Helden der Teetische und Kaffeekränze und die Retter guten Benehmens. Joy Burger akrobatiert an Straßenlaternen und einer langen Holzklappleiter. Lejo aus Holland bietet in seinem Puppentheater Hand-up Comedy. Seine Hände und ein Paar Holzaugen reichen ihm für verrückte Szenen. Mick M. kündigt sich als sprechender Pantomime an – was auch immer das ist. Oskar & Strudel aus Australien und der Schweiz versprechen musikalische Comedy. Bernd Schrubka mit Band ist ein Meister der rasanten Reime und überraschenden Pointen. Hier kommen „die Poesie im Schweinsgalopp und Songs aus dem Stegreif“. Shorty kombiniert Zaubertricks mit pantomimischen Einlagen. Varieté Chapeau wirbt mit den Stichworten „bizarr und grotesk: das einzigartige erotische Varieté mit Figuren“. Vis Plastica aus Österreich garniert sich mit künstlicher Haut als Ausdrucksmittel zwecks „Tagtraumtheater für jede Zeit und jeden Ort“.

Hamburger Originale dürfen nicht fehlen: Dat is ja allens Tüün-Kroom heißt die musikalische Revue mit Liedern und Geschichten aus den Zeiten von Volkssängern wie Hein Köllisch, den Gebrüdern Wolf, Charly Wittong und den Leierkastenmännern. Jochen Wiegand singt zu Gitarre und Hamburger Waldzither, assistiert von „Originalen“ unter Leitung von „Orgeldreher“ Erwin Krüger. Und ein Bonbon gibt es gleich zur Eröffnung des Festivals. Die australische Gruppe Strange Fruit tanzt ein höchst ungewöhnliches Luftballett vier Meter über den Zuschauerköpfen. Die Artisten wiegen sich an langen Fieberglas-Stangen.

Übrigens: Wer statt Freiluftprogramm lieber einen Sessel im Saal will, der kann sich den Zutritt zur Highlight-Sammlung im Schmidts erkaufen. Bei der Pflasternacht erledigen die Lokalmatadore Emmi & Herr Willnowsky die Moderation. Jene „Kammersängerin“ Emmi also, die vom Schicksal an den „Exilrussen“ Valentin Willnowsky gebunden ist und sich dafür ständig rächt, was wiederum Herrn Willnowsky zu subversiven Konterattacken verleitet. Die Pflastergala schließlich geruht Hausherr Corny Littmann „himself“ zu moderieren.

Pflasterspektakel: 16.8.: 21 Uhr, 17.+18.8.: 18 Uhr, 19.8.: 15 Uhr. Pflasternacht: 17.+18.8.: 24 Uhr Pflastergala: 19.8.: 20 Uhr.