Waffen schweigen in Mazedonien

Albanische Rebellen und mazedonische Truppen halten Waffenruhe weitgehend ein. Nato-Voraustrupp soll bereits heute in Skopje eintreffen. Britischer Staatsminister: Nato wird sich nicht in Gefechte der Konfliktparteien hineinziehen lassen

SKOPJE rtr/afp/dpa ■ Die Waffenruhe zwischen albanischen Rebellen und der Regierungsarmee in Mazedonien scheint weitgehend zu halten. Ein Sprecher der mazedonischen Armee erklärte gestern in Skopje, es herrsche „relative Ruhe“. Ein britischer Nato-Offizier sagte, die Lage scheine sich zu bessern.

Dennoch kam es in der Nacht zu gestern zu einigen Zwischenfällen. Bei Vaksince, 25 Kilometer nordöstlich von der Hauptstadt Skopje, griffen Rebellen einen Posten der mazedonischen Armee an, wie ein Sprecher des Verteidigungsministeriums mitteilte. Die Sicherheitskräfte hätten den Angriff erwidert.

Bei Tetovo schossen Kämpfer der Nationalen Befreiungsarmee (UÇK) aus mehreren Positionen im Sargebirge mit automatischen Waffen auf Regierungstruppen. Diese hätten jedoch nicht reagiert, fügte der Sprecher hinzu.

In mazedonischen Zeitungen wurde mit Besorgnis auf die jüngsten Erklärungen einer angeblichen Splittergruppe der Rebellen hingewiesen, die sich Albanische Nationalarmee (ANA) nennt und in Internetveröffentlichungen zur Fortsetzung des „Befreiungskampfes“ aufgerufen hat. Unklar ist, ob hinter dem Kürzel ANA mehr steckt, als lediglich eine E-Mail-Adresse.

Die Einhaltung der Waffenruhe ist die zentrale Voraussetzung für den Beginn der Nato-Operation „Essential Harvest“, bei der 3.500 Nato-Soldaten eingesetzt werden sollen, um die Abgabe der Waffen durch die Rebellen zu überwachen. 15 Nato-Experten sind bereits unterwegs, um die Waffenruhe zu beobachten.

Am Montag hatten sich die Vertreter der mazedonischen Parteien nach langen Verhandlungen auf ein Rahmenabkommen verständigt, das der Albanerminderheit in dem Land zukünftig mehr Rechte bringen und den Konflikt zwischen Albanerrebellen und Armee beenden soll. Die Nato hat nach Abschluss der Vereinbarung und der erklärten Bereitschaft der Rebellen, ihre Waffen bei Einhaltung der zugesagten Amnestie abzugeben, eine rasche Einleitung der Friedensoperation angekündigt.

Nach Angaben des Nato-Sprechers soll ein britischer Voraustrupp von rund 400 Mann bereits heute nach Mazedonien fliegen, um mit dem Bau der Quartiere für die auf 3.500 Mann angelegte Nato-Truppe zu beginnen. Deutschland soll sich nach dem Willen der Nato mit 500 Bundeswehrsoldaten beteiligen. Der Bundestag wird voraussichtlich Ende kommender Woche über eine Bundeswehrbeteiligung abstimmen. Das Hauptkontingent der Mazedonientruppe, rund 1.000 Mann, stellt jedoch Großbritannien.

Aus Kreisen des britischen Verteidigungsministeriums verlautete, das Vorauskommando werde das Gelände sondieren, außerdem seien Erkundigungen über die Einhaltung des Waffenstillstands geplant. Danach werde die Meldung an die Nato in Brüssel ergehen, die den abschließenden Einsatzbefehl für die gesamte Operation gibt. Der Nato-Rat soll nach Angaben aus Brüssel heute oder Montag dazu tagen. Einem westlichen Experten zufolge muss die Nato rund 2.500 Waffen einsammeln.

In einer Serie von Fernsehinterviews stellte der britische Staatsminister für die Streitkräfte, Adam Ingram, klar, die friedliche Umgebung („benign environment“) in Mazedonien sei und bleibe die Grundvoraussetzung für die gesamte Operation. Sollte sich die Lage während des Einsatzes ändern, müsse der ganze Plan neu überdacht werden. Auf keinen Fall werde sich die Truppe in eventuelle Gefechte der Konfliktparteien verwickeln lassen.