Hungerkrisen sind die Folge von Monokultur

Es gibt Alternativen zu Arbeitslosigkeit und Not. Was fehlt, ist der politische und unternehmerische Wille, die Probleme anzupacken

SAN SALVADOR/MANAGUA taz ■ So schnell wird die Kaffeekrise in Zentralamerika nicht vorbei sein. Ein Mechanismus, der jahrzehntelang die Preise immer wieder nach oben trieb, greift nicht mehr: erntevernichtende Fröste im Süden Brasiliens. Der weltweit größte Kaffeeproduzent hat damit begonnen, die Plantagen aus dem kühleren Süden in das frostfreie Savannenhochland im Norden zu verlagern. Eine Erholung der Preise ist nicht in Sicht. Auch Dürren werden sich wiederholen. Wetterforscher sagen voraus, dass die Region im kommenden Jahr von dem Klimaphänomen „El Niño“ betroffen sein wird. Mit einer noch schlimmeren Trockenheit. Doch es gibt Wege aus der Krise.

Kaffee:

Bislang war die Marktnische des zentralamerikanischen Kaffees seine Qualität. Die rentabelsten Plantagen lagen im Hochland, wo die Bohnen langsamer reifen und deshalb ein feineres Aroma entwickeln. Neue Züchtungen aus Brasilien erreichen jedoch eine ähnliche Qualität – bei deutlich niedrigeren Kosten. Die Lücke der Zukunft ist für den salvadorianischen Wirtschaftswissenschaftler Rafael Castellanos organisch angebauter Kaffee. Damit lassen sich Preise erzielen, die über den ortsüblichen Kosten liegen. Was fehlt: ein staatliches Programm mit Fortbildungskursen und Krediten für die meist kleinbäuerlichen Produzenten.

Und noch eine Chance sieht Castellanos: „Ganz Zentralamerika verkauft bislang fast nur Rohkaffee. Den größten Teil des Gewinns aber streichen die Röster ein. Was wir brauchen, ist eine Rösterei mit eigenen Qualitätsmarken.“ Doch auch dieser Ausweg hat einen Haken. Die früheren Kaffeebarone haben den risikoreichen Anbau längst Kleinbauern und Kooperativen überlassen. Sie beherrschen nur noch die Aufbereitung des Rohkaffees und den Export. Wenig Risiko, wenige Investitionen, schneller Gewinn. Der Aufbau einer eigenen Qualitätsrösterei aber erfordert hohe Investitionen und einen langen Atem.

Die Produktion von Grundnahrungsmitteln:

Die zwei entscheidenden Probleme in den Dürregebieten sind Monokultur und fehlendes Kapital, sagt der nicaraguanische Agrarwissenschaftler Orlando Nuñez. Die Kleinbauern haben ihr Maisfeld und einen Acker mit Bohnen. Bewässerung können sie sich nicht leisten. Was fehlt, sei Diversifizierung. „Jahrtausende haben die Menschen mit einer Kombination aus Ackerbau, Kleinvieh, Gemüse und Obst überlebt. Heute haben sie nur noch Mais und Bohnen. Wenn die Ernte vertrocknet, bleibt ihnen nichts.“

Nuñez hat als Projektleiter sein Diversifizierungsprojekt mit 5.000 Familien umgesetzt. Zur Vielfalt in der Produktion wurden einfache Sickerbewässerungssysteme und kleine Silos gebaut. Der größte Teil der Mais- und Bohnenernte ist trotzdem vertrocknet, gibt er zu. „Aber die Menschen haben täglich Eier, Gemüse und Obst und ab und zu ein bisschen Fleisch. Sie leiden keinen Hunger.“ Rund 2.000 Dollar müsse der Staat in jede betroffene Familie investieren, dann könne das Hungerproblem gelöst sein. Geld dafür sei vorhanden: Nicaragua erhält jährlich 100 Millionen US-Dollar zur Armutsbekämpfung. „Was fehlt, ist der politische Wille.“ TONI KEPPELER